Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

210 $ 107. Die freiwillig übernommene Militärdienstpflicht. 
nach erfolgter Ueberweisung an einen Truppenteil verpflichten?!). Eine 
Verlängerung der Dienstzeit erfordert den schriftlichen Abschluß einer 
erneuerten Kapitulation. Mit Mannschaften, welche ohne Doppelrech- 
nung der Kriegsjahre zwölf Jahre und länger aktiv gedient haben, ist 
ein Kapitulalionsvertrag nicht mehr abzuschließen. Solange dieselben 
noch dienstbrauchbar sind, dürfen sie gegen ihren Willen nur aus- 
nahmsweise, wenn gewichtige Gründe vorliegen, und nach sechsmo- 
natlicher Kündigung aus dem Dienst entlassen werden, nachdem die 
Genehmigung des Generalkommandos hierzu eingeholt worden ist). 
Kapitulanten, deren Kapitulation während des mobilen Zustandes oder 
einer vom Kaiser angeordneten außergewöhnlichen Verstärkung ihres 
Truppenteils abläuft, dürfen ihre Entlassung aus dem Dienst erst bei 
der Demobilmachung oder Ueberführung ihres Truppenteils auf den 
Friedensstand fordern ?). 
b) Durch Uebereinkunft zwischen dem Truppenteil und dem Ka- 
pitulanten, wenn die häuslichen Verhältnisse desselben seine Entlas- 
sung dringend wünschenswert machen. Eine solche Uebereinkunft 
bedarf aber der Bestätigung seitens des Generalkommandos °). 
c) Von Rechts wegen hört das Dienstverhältnis auf durch Verur- 
teilung des Kapitulanten zur Entfernung aus dem Heere oder der 
Marine. Auf diese Strafe muß gegen Unteroffiziere und Gemeine 
neben Zuchthaus stets, neben dem Verluste der bürgerlichen Ehren- 
rechte dann erkannt werden, wenn die Dauer dieses Verlustes drei 
Jahre übersteigt. Auf diese Strafe kann erkannt werden neben Gefäng- 
nis von längerer als fünfjähriger Dauer’). Die Wirkungen dieser 
Strafe sind bei Kapitulanten dieselben wie bei Offizieren °). 
.d) Die Degradation eines Unteroffiziers’) und die Versetzung in 
die zweite Klasse des Soldatenstandes®) haben die Auflösung des durch 
die Kapitulation begründeten Dienstverhältnisses zwar nicht zur 
Rechtsfolge; dem Truppenteil steht aber die Befugnis zu, vor Ablauf 
der Kapitulationszeit die Kapitulation aufzuheben, wenn der Kapitu- 
lant zu einer Freiheitsstrafe von sechs Wochen oder zu einer höheren 
Strafe gerichtlich verurteilt wird °). 
e) Durch das Generalkommando kann die Kapitulation vor Ab- 
lauf der Kapitulationszeit aufgehoben werden, wenn bei fortgesetzt. 
schlechter Führung des Kapitulanten durch das längere Verbleiben 
desselben im Dienst das Interesse des Truppenteils geschädigt wird '"). 
1) Wehrordnung $ 87, Ziff. 3. Durch eine Entlassung aus der Unteroffizierschule- 
wird diese Verpflichtung gelöst. Ebendaselbst Ziff. 6. Vgl. Marineordnung $ 16, Ziff. 12. 
2) Bestimmungen von 1902, $ 12, 13 in Verbindung mit der Kabinettsordre vom 
22. Juni 1873, Ausführungsbestimmung lit. f. Vgl. Militärgesetze des Deutschen Reichs. 
Bd. 1, Abt. 2, S. 200. 
3) Bestimmungen von 1902, $ 16. 4) Daselbst $ 4. 
5) Reichsmilitärstrafgesetzbuch $ 31. 6) Ebendaselbst $& 32. 
7) Ebendaselbst $ 40 u. 41. 8) Ebendaselbst 8 37—39. 
9) Verordnung vom 8. Juni 1876. $ 3, lit. a. 10) Ebendaselbst lit. b.
	        
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