24 & 96. Die Einheitlichkeit des Militärrechts u. der Heereseinrichtungen.
Verfassung wie den tatsächlichen Verhältnissen widersprechend. Der
Ausschuß besteht aus Bevollmächtigten der Bundesfürsten, insbeson-
dere der Kontingentsherren ; die Mitteilung der Anordnung an den
Ausschuß ist daher eine Mitteilung an die Landesherren und
deren Regierungen und den letzteren liegt die weitere Erledigung
ob’). Der von der Reichsverfassung anerkannte Modus ist mithin
nicht der, daß der Kaiser Verordnungen mit verbindlicher Kraft für
das ganze Reichsheer erläßt, sondern daß sämtliche Kontingenisherren
verpflichtet sind, die für die preußische Armee ergangene, vom Kö-
nige von Preußen ihnen »in geeigneter Weise« mitgeteilten Anord-
nungen für ihre Truppen in Geltung zu setzen’). Das ausschließliche
Recht des Kaisers zum Erlaß der Militärverordnungen wird demge-
von BrockhausS. 56ff. entwickelt. Nach seiner Ansicht „erscheint der Bundes-
ratsausschuß hier lediglich als der Bote (!) des Kaisers an die Höchstkommandie-
renden der Kontingente; er hat diesen die preußischen Armeeverordnungen zu be-
händigen oder zu insinuieren“. Vgl. dagegen meine Erörterung im Archiv für
öffentliches Recht Bd. 3, S. 508 ff. Der Bundesrat oder sein Ausschuß ist niemals
„Bote“ und kann es nach seiner staatsrechtlichen Stellung nicht sein; nur die Be-
vollmächtigten der Einzelstaaten kann man sich als Boten ihrer Landesherren oder
Regierungen vorstellen.
1) Die Verfassung geht davon aus, daß jeder Landesherr auch Kontingentsherr
ist. Um die Weitläufigkeiten, welche mit der Mitteilung der preußischen Verordnungen
an alle einzelnen Landesherren verbunden wären, zu vermeiden, sollte der Bundes-
ratsausschuß zur Vermittlung dienen und die ihm mitgeteilten Verordnungen weiter
befördern. Die Fassung des Art. 63 Abs. 5 stammt aus der Zeit, bevor die Militär-
konventionen abgeschlossen worden waren und ist nur dadurch verständlich. Unter
den „Kommandeuren der übrigen Kontingente“ sind die Landesherren zu verstehen;
denn der Bundesratsausschuß konnte den kommandierenden Offizieren keine Dienst-
befehle erteilen und die Anordnungen „für die preußische Armee“ waren für die
Kommandeure der übrigen Kontingente nicht verbindlich. Nachdem durch die Mili-
tärkonventionen fast alle Kontingente an das preußische angeschlossen worden waren,
bedurfte es dieser Vermittlung nicht mehr. Vgl. Gümbela.a. O.S. 162. Das zu
beobachtende Verfahren istin der, gleichzeitig mit dem Entwurf der nordd. Bundes-
verfassung vereinbarten sächsischen Militärkonvention Art. 2 beschrieben. Nach
derselben wird der Bundesfeldherr die preußischen Bestimmungen S. M. dem Kö-
nige von Sachsen unmittelbar zugehen lassen; später soll der Militäraus-
schuß zur Vermittelung der dienstlichen Beziehungen dienen. In der württem-
bergischen Militärkonvention Art. 15 ist ein direkter Schriftwechsel zwischen
dem preußischen und württembergischen Kriegsministerium vereinbart und
soll letzteres auf diese Weise alle zur Zeit gültigen oder später zu erlassenden
Reglements usw. „zur entsprechenden Ausführung“ erhalten. Dieses Verfahren
wird auch Sachsen gegenüber tatsächlich befolgt. Das sächsische und württember-
gische Kontingent kommen aber allein in Betracht, da alle übrigen der preußischen
Armee angeschlossen sind. Die Funktion des Bundesratsausschusses hat mithin auf-
gehört.
2) Mit dieser Auffassung des im Art.63, Abs. 5 normierten Verordnungsrechts
stimmen überein Hänel, StudienII, S.70fg.; Arndt, Verordnungsrecht S. 131 1g.;
Hecker a a. O.; Bornhak II, S. 43 fg; Seydel, Kummentar S. 360 fg.;
Gümbel, Hirths Annalen 1899 S. 161 ff; Müller, Teilung der Militärgewalt
S. 27 ff.; BurhenneS. 47; AnschützS. 623; Dambitsch S. 608 fg.; v.Mar-
schallS. 346 ff.