Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

530 $ 128. Bedeutung und Feststellung des Haushaltsetatsgesetzes. 
jedes Kapitel zerlegt ist, angegeben '). Aus dieser »Verkündigung« (?; 
erfährt man über den Inhalt des Etats so gut wie nichts’). 
Der Einnahmeetat ist ein sogenannter Nettoetat, d.h. die Ein- 
nahmen werden mit demjenigen Betrage angesetzt, welcher der Reichıhs- 
kasse nach Abzug der Kosten und der den Einzelstaaten zu gewähren- 
den Anteile als reiner Ueberschuß verbleibt. Jedoch wird die Brutto- 
einnahme und die Ausgabe angegeben und die Differenz in der Haupt- 
kolonne ausgeworfen. Seit 1900 werden aber bei den Reichsbetrieben 
(Post und Telegraphie, Reichsdruckerei und Reichseisenbahnen) die 
Gesamtsumme der Ausgaben und der Bruttoertrag der Einnahmen im 
Reichsetat aufgeführt. 
3. Eine von den Etats der übrigen Verwaltungen abweichende 
Gestalt hat der Militäretat, teils wegen der Sonderstellung Bayerns, 
teils weil das Reich das Heerwesen nicht selbst verwaltet. Hinsichtlich 
Bayerns kommt bei der Aufstellung dieses Etats die Bestimmung des 
Bündnisvertrages vom 23. November 1870, III, 85, Ziff. II zur An- 
wendung, wonach der Geldbetrag, welcher für das bayerische Kon- 
tingent zu verwenden ist, im Reichsbudget in einer Summe ausgewor- 
fen wird, während die Aufstellung der Spezialetats Bayern überlassen 
bleibt?). Die Frage nach der Form, in welcher diese Spezialetats in 
Bayern festgestellt werden und welchen Anteil die bayerische Landes- 
vertretung dabei hat, ist nach dem partikulären Staatsrecht Bayerns 
zu beurteilen). Materiell aber ist sowohl die bayerische Regierung 
wie die bayerische Landesvertretung verpflichtet, bei Feststellung die- 
ses Spezialetats die Ansätze des Reichsetats nach Verhältnis zur Richt- 
schnur zu nehmen, woraus sich von selbst die Notwendigkeit ergibt, 
auch hinsichtlich der Form, der Einteilung in Kapitel und Titel usw. 
1) Ueber die Spezialisierung des Ausgabenetats, die sich lediglich nach 
Gründen der Zweckmäßigkeit und des praktischen Bedürfnisses bestimmt, vgl. meine 
Erörterung im Archiv für öffentl. Recht Bd. 1, S. 174 fg. und jetzt auch v. Heckel, 
Budget, S. 108ff. Was Rümelin in der Zeitschrift für die gesamte Staatswissen- 
schaft Ed. 45, S. 316 ff. darüber ausführt, halte ich für verfehlt. Eine Uebersicht der 
Gliederung des Reichsetats (1908/09) gibt Specka..a. O.S. 119. 
2) Wegen des großen Umfanges des Etats ist es unmöglich, den Etat im Reichs- 
gesetzbl. vollständig abzudrucken; es wäre dies auch zwecklos. Ebenso zwecklos 
scheint mir aber die summarische Verkündigung der Kapitalsummen zu sein. Was 
erfährt man über die Ausgaben des Reichs, wenn im Etat für 1914 verkündet wird, 
daß im Kapitel 7a (Reichsamt des Innern, Allgemeine Fonds) in 24, nicht näher be- 
zeichneten Titeln über 79!/», Millionen Mark auszugeben sind? Oder Kapitel 68 
(Reichsschatzamt, Allgemeine Fonds) in 10 Titeln 46 Millionen Mark; oder Kapitel 85 
(Post und Telegraphen) unter 67 Titeln 750 Millionen Mark usw.; von den enormen 
Ausgabebeträgen der Militär- und Marineverwaltung, welche in einzelnen Kapital- 
summen zusammengefaßt sind, zu schweigen? Von einer wirklichen Gesetzesver- 
kündigung ist diese Art der Verkündigung sehr verschieden. 
3) Vgl. oben S. 56. 
4) Vgl. darüber Seydel, Kommentar S. 345 ff., 402 und Bayer. Staatsrecht IIl, 
S. 12f.; G. Meyer, Staatsrecht $ 209; v. Ziegler, Praxis des bayer. Budget- 
rechts. München 1905, S. 114 ff.
	        
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