Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

56 8 9. Die Gemeinschaft der Lasten und Ausgaben für die bewaffnete Macht. 
Il. Die finanziellen Lasten. 
1. Der zur Gründung und Erhaltung der Kriegsflotte und der da- 
mit zusammenhängenden Anstalten erforderliche Aufwand wird aus 
der Reichskasse bestritten t). Ebenso werden die Ausgaben für das 
gesamte Reichsheer und dessen Einrichtungen aus der Reichskasse 
bestritten und durch das Etatsgesetz festgestellt ?. Durch diese Ver- 
fassungsgrundsätze wird die gleichmäßige Verteilung der für die be- 
waffnete Macht des: Reiches erforderlichen Kosten auf alle Staaten, 
nach Verhältnis ihrer Bevölkerung herbeigeführt, da zur Bestreitung 
aller gemeinschaftlichen Ausgaben des Reiches, soweit dieselben nicht 
durch die sogenannten eigenen Einnahmen der Reichskasse gedeckt 
werden, von den einzelnen Staaten Beiträge nach Maßgabe ihrer Be- 
völkerung zu entrichten sind’). 
Dieses Prinzip findet auch auf Bayern vollständig Anwendung, 
jedoch mit derjenigen Modifikation, welche Art. 58 der Reichsverfas- 
sung für Bayern erhalten hat, daß nämlich Bayern die Kosten und 
Lasten seines Kriegswesens ausschließlich und allein trägt). Die von 
Bayern aufzuwendenden Beträge werden in Einer Summe festgestellt, 
deren Höhe zu der für das Reichsheer zu verausgabenden Summe in 
demselben Verhältnis steht wie die Kopfstärke des bayerischen Kon- 
tingents zu der des übrigen Reichsheeres. Die Verwendung dieser 
Summe ist Bayern überlassen; die Spezialetats werden nicht vom 
Reich, sondern von Bayern aufgestellt, das aber verpflichtet ist, hier- 
bei im allgemeinen diejenigen Etatsansätze nach Verhältnis zur Richt- 
schnur zu nehmen, welche für das übrige Reichsheer in den einzelnen 
Titeln ausgeworfen sind 3). 
2. Die Leistung der Ausgaben selbst nach Maßgabe der im Etat 
festgestellten Sätze und der durch Gesetze oder Verordnungen gegebe- 
nen Normen’ erfolgt durch diejenigen Einzelstaaten, welche eine eigene 
Militärverwaltung haben. Da diese Ausgaben aber für Rechnung 
des Reiches erfolgen, so unterliegen sie der Kontrolle seitens des 
Rechnungshofes des Reiches und es ist über dieselben durch den 
Reichskanzler dem Bundesrate und dem Reichstage zur Entlastung 
1) Reichsverfassung Art. 53, Abs. 3. 2) Reichsverfassung Art. 62, Abs. 3. 
3) Reichsverfassung Art. 70. Das Nähere siehe unten bei der Darstellung des 
Finanzrechtes. — Ueber die einigen kleineren norddeutschen Staaten zeitweilig be- 
willigten Nachlässe vgl. meine Darstellung des Reichsfinanzrechts in Hirths Annalen 
1873, S. 494 fg. 
4) Die Wortfassung ist mißglückt und irreführend. Bayern trägt die Kosten 
seines Kontingents gemeinsam mit den anderen Staaten, aber in selbständiger Ver- 
waltung und Wirtschaft. Seydel, Bayer. Staatsrecht Bd. 3, S. 713; Kommentar 
S. 820, 3455; Seydel-Graßmann S. 6l5 ff. 
5) Bayer. Bündnisvertrag vom 23. November 1870, III, 85, Ziff. II. Vgl. Seydel 
a. a. O.; v. Ziegler, Praxis des bayer. Budgetrechts (München 1905) S. 114; Güm- 
belS. 190; Meyer-Anschütz S. 778; a. Ans. Rehm in Hirths Annalen 1901, 
S. 649 ff. 
  
 
	        
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