2. Der Bundesrath. 51
pflegt. Die Bevollmächtigten zum Bundesrathe sind keine Reichs-
beamten, sondern Mandatare der Einzelstaaten, von denen sie ange-
stellt und besoldet werden, sie sind für ihre Geschäftsführung
weder dem Kaiser, noch dem Reichstage, noch dem Kollegium des
Bundesrethes verantwortlich oder Rechenschaft schuldig, sondern
lediglich ihren Vollmachtgebern, und zwar dafür, dass sie ihren In-
struktionen gemäss abstimmen und überhaupt ihre Geschäfte pflicht-
mässig führen. Soweit sie zugleich Staatsdiener des Einzelstaates
sind, stehen sie unter dessen Staatsdienerpragmatik und Discipli-
nargewalt.
Wie die Gesandten zum ältern deutschen Reichstage und die
Bundestagsgesandten zu Frankfurt a. M., nehmen auch die Bevoll-
mächtigten zum Bundesrathe eine exterritoriale Stellung ein.
Nach Artikel 10 der Reichsverfassung liegt es dem Kaiser ob, »den
Mitgliedern des Bundesrathes den üblichen diplomatischen
Schutz zu gewähren«. Sie erhalten daher zu Berlin mit ihrem ge-
sammten Personal diejenigen Vorrechte, welche das europäische
Völkerrecht den Mitgliedern des diplomatischen Korps überhaupt
einräumt. Selbstverständlich bezieht sie sich nicht auf die Bevoll-
mächtigten, welche den preussischen Staat im Bundesrathe zu ver-
treten haben.
Die Instruktion der Bundesraths-Bevollmächtigten geht ledig-
lich von dem Einzelstaate aus; weder der Kaiser, noch der Reichs-
tag noch das Kollegium des Bundesrathes haben sich in die Iustruk-
tionsertheilung irgendwie zu mischen. Es ist gewiss eine patriotische
Pflicht der Regierungen der Einzelstaaten, auch bei der Ertheilung
der Instruktionen das Wohl der Gesammtheit, die Interessen des
Reiches und der ganzen Nation über alles zu stellen, aber eine
juristische Verpflichtung dieser Art besteht nicht und lüsst sich
überhaupt nicht konstruiren. Mag eine Instruktion noch so sehr
von engherzigen, partikularistischen Anschauungen getragen sein,
mag sie selbst noch so irrationell erscheinen, so ist sie doch staats-
rechtlich unanfechtbar, wenigstens dem Reiche gegenüber. Dieses
hat lediglich die Vollmacht des Vertreters zu prüfen. Das Zustande-
kommen der Stimmabgabe, gewissermaassen »den Destillirungspro-
cess des Votums aus den verschiedenen Kräften deseinzelstaatlichen
Daseins: weiter zu untersuchen, liegt ganz ausserhalb der Kompe-
tenz des Reiches. Die Instruktionsertheilung an den Bevollmäch-
tigten ist ein Akt des Einzelstaatsrechtes jedes deutschen Staates;
sie geht auch für die preussischen Bevollmächtigten nicht vom
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