Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Reichsstaatsrecht (2)

52 I. Von den Organen des deutschen Reiches. 
Kaiser, sondern vom Könige von Preussen als solchem, d. h. dem 
preussischen Staateministerium aus. Die Verantwortlichkeit 
für die Instruktionsertheilung fällt daher unter die 
Regeln des Landesstaatsrechtes (Fürst Bismarck im konsti- 
tuirenden Reichstage S. 397 sagte: »Es liegt auf der Hand, dass in 
demverf: d Maasse von Ministerverantwort- 
lichkeit, dessen sich die gesammten Bundesstaaten erfreuen, nichts 
geändert wird, indem jede Regierung eines Einzelstaates verant- 
wortlich bleibt für die Art, wie ihre Stimme im Bundesrathe abge- 
geben wird«). Die Instruktion geht lediglich von der Landesregie- 
rung aus, welcher die Repräsentation des Staates nach aussen hin 
zusteht. Dagegen ist es durchaus zulässig und bei wichtigen Ange- 
legenheiten gerathen, dass das Ministerium sich vorher über die 
Abgabe der Stimme mit der Landesvertretung verständigt. Ja, in 
gewissen Fällen kann nach Landesstaatsrecht sogar die Zustimmung 
des Landtages nöthig sein, besonders wo es sich um Aufgabe oder 
Abänderung von Sonderrechten handelt, die in den Bereich der 
Gesetzgebung fallen, wie dies bei einer etwa beabsichtigten Aufgabe 
der Privilegien in Betreff der Bier- und Branntweinsteuer unzwei- 
felhaft der Fall sein würde. Es fragt sich nur, welche staaterecht- 
liche Folge eine solche Beiseitesetzung der Zustimmung des Land- 
tages haben würde. Gewiss würde das Ministerium, welches die 
nothwendige Zustimmung der Landesvertretung einzuholen unter- 
‚lassen hätte, sich, wenn alle sonstigen Voraussetzungen vorhanden 
sind, der Erhebung einer Ministeranklage aussetzen. Sollten die 
Minister von dem Staatsgerichtshofe alsdann wegen Verfassungs- 
bruches oder Gefährdung des Staatswohles verurtheilt werden, so 
hätten sie persönlich die nachtheiligen Folgen zu tragen. Weiter- 
gehende Folgerungen gegen die Rechtsgültigkeit des Bundesbe- 
schlusses zu ziehen, würde der staatsrechtlichen Natur des Reiches, 
vor allem dem Satz widersprechen, dass dem Reiche gegenüber 
jeder Einzelstaat lediglich durch seine Regierung vertreten wird. 
Der Bundesrath hat die Vollmacht oder Legitimation der neuein- 
tretenden Mitglieder zu prüfen, niemals aber den Auftrag oder die 
Instruktion derselben. Er hat nicht darnach zu fragen, ob ein Be- 
vollmächtigter ohne oder gar gegen seine Instruktion gestimmt hat. 
Die Abstimmung ist, wie Laband es treffend ausgedrückt hat, ein 
reiner Formalakt, dessen rechtsverbindliche Gültigkeit theils 
auf der Vollmacht der Mitstimmenden, theils auf der geschüftsord- 
nungsmüssigen Behandlung der Sache beruht.
	        
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