Evangelische Religionslehre. 11
grund treten kann. Auf die lebendige Annahme und wirkliche An-
eignung der Heilstatsachen und der Christenpflichten ist der Haupt-
nachdruck im Religionsunterrichte zu legen, und dieser, soweit er sich
auf Geschichte stützt, auf die für das religiös-kirchliche Leben bleibend
bedeutsamen Vorgänge zu beschränken. Es ist Gewicht darauf zu
legen, daß er an den einzelnen Anstalten nicht zu sehr zersplittert
und überall ohne künstliche Mittel zu allen übrigen Lehrgegenständen,
insbesondere den ethischen, in engste Beziehung gesetzt werde. Für
keinen Unterrichtszweig gilt so sehr wie für diesen die Wahrheit, daß
die Grundbedingung für den Erfolg in der Persönlichkeit des Lehrers
und dessen Erfüllung mit dem Gegenstande liegt. Aber auch wo
diese Grundbedingung vorhanden ist, darf es an der pädagogischen
Einsicht nicht fehlen, welche in der Schlichtheit und Einfachheit des
Darstellens und Fragens den Altersstufen der Schüler gerecht wird
und das Dargebotene ihrer Auffassung klar und anschaulich zu ver-
mitteln weiß.
Im Mittelpunkte des gesamten Religionsunterrichts steht die
Heilige Schrift. Alle anderen Unterrichtsstoffe sind als auf ihr be-
ruhend oder zu ihr hinführend zu behandeln. Der Lehrer hat dafür
zu sorgen, daß diese sowohl untereinander als auch mit der An-
schauungswelt und dem Empfindungsleben der Schüler in lebendige
Beziehung gesetzt werden. Die Beschränkung des Gedächtnisstoffes
wird es um so leichter ermöglichen, das, was an Liedern und Bibel-
stellen und aus dem Katechismus gelernt wird, in einen sicheren, durch
Wiederholung gefestigten Besitz des Schülers zu verwandeln, der
diesem in das Leben nachfolgt.
Der unteren Stufe sind biblische Geschichten des Alten und
Neuen Testamentes in angemessener Anzahl sowie in passender Auswahl
und Darstellung nach einem zweckmäßigen biblischen Lesebuche, Katechis-
muslehre und die Erlernung der für diese Stufe geeigneten Kirchen-
lieder zugewiesen. Die Grundlage des ganzen Unterrichtes hat die
biblische Geschichte zu bilden. Ihr sind Spruch und Lied anzugliedern,
mit ihr ist die Behandlung des Katechismus in die engste Verbindung
zu setzen.
Der Mittelstufe fällt die Ergänzung und Befestigung des
Katechismus, die Wiederholung und Erweiterung des Lieder= und
Spruchschatzes und als Hauptaufgabe die in ihrem Zusammenhange zu
erfassende Geschichte des Reiches Gottes im Alten und Neuen
Testamente zu. Dabei kommt es auf eindrucksvolle Lebensbilder der
bedeutendsten Gottesmänner, der Propheten, der Apostel, vor allem
des Heilandes selber und auf das eindringende Verständnis ihrer
Predigt an. Statt der Vollbibel kann für das Alte Testament ein
biblisches Lesebuch zugrunde gelegt werden. Hierzu treten Belehrungen