Full text: Lehrpläne und Lehraufgaben für die höheren Schulen in Preußen von 1901.

Erdkunde. 51 
Gedächtnisstoffes zu verständnisvollem Anschauen der umgebenden Natur 
sowie der Relief= und Kartenbilder anzuleiten. An Zahlenmaterial 
sind auf den einzelnen Gebieten stufenweise nur wenige, stark ab- 
gerundete Vergleichsziffern festzulegen. 
2. Behufs Gewinnung der ersten Vorstellungen auf dem Gebiete 
der physischen und mathematischen Erdkunde ist an die nächste örtliche 
Umgebung anzuknüpfen; daran sind die allgemeinen Begriffe mög- 
lichst verständlich zu machen. Hierbei ist aber jede Künstelei zu ver- 
meiden. 
Sind so die ersten Grundbegriffe zum Verständnis gebracht, 
so sind sie an dem Relief und dem Globus zu veranschaulichen; dann 
aber ist der Schüler zur Benutzung der Karte anzuleiten, welche er 
allmählich lesen lernen muß. Wandkarte und Atlas bilden fortan 
den Ausgangs= und Mittelpunkt des Unterrichts in der Klasse. Das 
Lehrbuch dient nur als Führer bei der häuslichen Wiederholung. An- 
zustreben ist, daß in diesem bei den Namen die richtige Aussprache 
und. Betonung angegeben wird. 
Bei der Betrachtung der Einzelländer sind auch die wirtschaft- 
lichen Hilfsquellen in geeigneter Weise zu berücksichtigen. 
3. In den unteren und mittleren Klassen ist tunlichst darauf 
zu halten, daß alle Schüler denselben Atlas gebrauchen. Ob ein 
Einheitsatlas für alle Klassen oder ein Stufenatlas zu wählen sei, 
bleibt den einzelnen Anstalten überlassen. Jedenfalls sind von den 
unteren Klassen größere Atlanten auszuschließen. Bei Neuanschaffung 
von Wandkarten ist darauf zu sehen, daß das System dieser mit 
dem der Atlanten, welche von den Schülern gebraucht werden, mög- 
lichst übereinstimmt. 
4. Sehr wichtig für diesen Unterricht ist das Zeichnen als ein 
Hilfsmittel zur Förderung klarer Anschauungen und zur Einprägung 
festen erdkundlichen Wissens. Dabei ist aber vor Uberspannung der 
Anforderungen zu warnen. Mit Umrissen, Profilen und ähnlichen 
übersichtlichen Darstellungen an der Wandtafel wird man sich meist 
begnügen müssen. Häusliche Zeichnungen sind im allgemeinen nicht 
zu verlangen. Die Schüler werden sich nach vorbildlichem Zeichnen 
des Lehrers auf freihändige Anfertigung einfacher Skizzen während 
der Unterrichtsstunden zu beschränken haben. Ausgeschlossen ist das 
bloße Nachzeichnen von Vorlagen. Auf der Oberstufe empfiehlt sich 
das Zeichnen besonders für die regelmäßig anzustellenden Wiederholungen. 
5. Wünschenswert ist, daß auf allen Schulen der Unterricht in 
der Erdkunde in die Hand von Lehrern gelegt werde, die für ihn 
durch eingehendere Studien besonders befähigt sind; auch ist darauf 
zu achten, daß er an den einzelnen Anstalten nicht unter zu viele 
Lehrer verteilt werde. Die Wiederholungen auf der Oberstufe der 
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