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Meßpfaffen vertreiben, weil es durch die Männer nicht gehen wolle:
da suchte der Rath zwar anfänglich auch noch auszuweichen, eutschloß
sich aber endlich doch, das unvermeidliche zu thun.
Es war gerade die Zeit, in welcher der Reichstag von Speier
bevorstand, und es war zu erwarten, daß man dort schärfere Maß-
regeln zum Schutze der alten Kirche ergreifen würde.
Aber vergeblich setzte der Bischof alles in Bewegung, vergeblich
sandte der Kaiser selbst ein Abmahnungsschreiben, vergeblich traf
ein eigener kaiserlicher Abgeordneter ein, vergeblich schickte das Reichs-
regiment drei Gesandte, welche Gegenvorstellungen versuchten: der
Rath brachte am 20. Februar 1529 die Frage vor die Schäöffen,
die letzte Instanz der Republik. Von den 300 Stimmberechtigten
waren 21 nicht gegenwärtig: 184 Stimmen sprachen sich für die
Abschaffung aus, 94 Stimmen verlangten Aufschub bis nach dem
Schluß des Reichstages, eine einzige Stimme erklärte sich entschieden
dagegen. -
Es war eine folgenschwere Minute, als die Waibel Stille ge-
boten und die ganze Versammlung, mit Ausnahme des vorsitzenden
Ammeisters, das Haupt entblößte und der Rathsschreiber aufstand
und das Resultat der Abstimmung verkündigte.
Hierauf griff der Ammeister an das Barett, lüftete es und
sprach: „Bei Schöffen und Ammann einer löblichen freien und
Reichsstadt Straßburg, die Messe ist aberkannt.“ Darnach entließ
er die Versammlung.
Die Staatskirche von Straßburg war gegründet.
Die Rechte des Bischofs gingen auf den Rath über. Sämmtliche
Geistliche der 7 Pfarrkirchen der Stadt, im Kirchenconvent vereinigt,
standen ihm zur Seite. Ihnen waren 21 Kirchspielpfleger bei-
geordnet, welche unter anderem die Aufsicht über die Prediger führten.
In jährlichen Provinzialsynoden sollten sich alle Prediger und Pfleger
des Straßburgischen Gebiets versammeln um das Beste der Kirche
zu berathen.
Butzer war der erste Präsident des Kirchenconvents, somit der