Achtzehntes Kapitel.
Der Fall von Straßburg.
Die Kraft des französischen Staats beruhte auf der rücksichts-
losen Ausdehnung der königlichen Gewalt. Da gab es keine Sonber-
rechte, Befreiungen und Ausnahmen von den königlichen Gerichts-
höfen, von Zöllen und andern Regalien. Es war ein wirklicher,
ein leibhaftiger Staat, mit welchem das an privilegirten Ständen,
Sonderrechten und individuellen Verhältnissen in so reichlichem Maße
ausgestattete elsässische Land zum erstenmale in Berührung kam.
Zunächst trat nun aber eine Periode der unbehaglichsten Reibungen
ein, welche in Folge dieser Gegensätze entstanden waren. Der west-
phälische Friede hatte den deutschen Reichsständen alle Rechte vor-
behalten, aber in demselben Athemzuge las man in dem Artikel
doch die Bestimmung, daß durch die reichsständischen Rechte der
Oberhoheit des französischen Königs nichts abgebrochen sein solle.
Einige behaupten, daß die Formulirung dieser Friedenstractate ein
unverzeihlicher Fehler der Diplomatie gewesen sei, aber wenn man
aufrichtig sein will, so muß man sagen, daß in den Verhältnissen
selbst ein unversöhnlicher Gegensatz bestand zwischen einem Staate,
der eine starke monarchische Spitze besaß und einem Lande, welches.
aus dem mittelalterlichen Staatsrecht noch mit keinem Schritte heraus-
gekommen war. Die kaiserlichen Gesandten glaubten in Münster den
verlorenen Gliedern des Reiches wenigstens Sicherheit ihrer Privat-