388
und Münzen, Alles muß ihm dienen, um in sorgfältigster Ver-
werthung ein Gesammtbild zu schaffen. Er hatte nicht umsonst in
Rom den Ausgrabungen an Ort und Stelle beigewohnt und sich in
den damaligen Stand der Alterthumsforschung von ihren berufensten
Pflegern einweihen lassen.
Auch die Darstellung des Mittelalters ruht auf dem umfassendsten
Fundamente. Nicht blos die Chroniken, auch die Urkunden, Wappen,
Siegel, Kunstdenkmäler, werden herbeigezogen. Geographie, Ver-
fassung und Sitten, Sprache und Litteratur finden Berücksichtigung.
Schöpflin schreibt die Geschichte jedes einzelnen elsässischen Adels-
geschlechts, jedes einzelnen elsässischen Ortes von den ältesten Zeiten
bis auf seine Tage. Landschaftliche Ansichten, Stadtpläne und
sonstige Illustrationen unterstügen die Erzählung. Alle Gesichts-
puncte thatsächlicher Forschung, die der Historiker verfolgen muß,
finden sich darin. Aber allerdings Schöpflin bleibt in der thatsäch-
lichen Forschung stecken, es fehlt die Zusammenfassung, die Facta
find nicht in Fluß gebracht, man glaubt oft mehr ein politisch-geo-
graphisch-statistisches Lexiken vor sich zu haben, als ein Geschichts-
werk. In formeller Hinsicht übertraf ihn daher der bedeutendste
seiner Nachfolger, der frühverstorbene Abbe Grandidier aus Straß-
burg (1752—17827), dessen Straßburgische Kirchengeschichte in schönem,
an den besten Mustern gebildetem französischen Styl geschrieben ist.
Schöpflin war ein Localhistoriker, aber er war keineswegs nur
eine Localberühmtheit. Seine wissenschaftliche Autorität reichte über
das ganze gebildete Europa. Auf seinen Reisen wurde er überall
von Amtswegen empfangen und geehrt wie ein Fürst. Er hat
Berufungen nach Petersburg, Leiden und Wien ausgeschlagen: selbst
die Ehre, den künftigen Kaiser (Joseph II.) zu erziehen, lockte ihn
nicht von Straßburg weg, hätte er sie doch durch den Uebertritt zum
Katholicismus erkaufen müssen. Die Akademien der Wissenschaften
zu Mannheim und zu Brüssel wurden unter seinem maßgebenden
Einflusse gegründet. Die französische Regierung schickte ihn einmal
mit einem diplomatischen Auftrag nach London. Das ganze Gewicht