Erklärung vom Reichskanzler, Generalfeldmarschall, Staatssekretär und mir 441
lichen Verhandlungsbereitschaft Englands hätte zum Frieden führen können. Des-
gleichen weise ich die gegen den Feldmarschall v. Hindenburg, den General Ludendorff
und den damaligen Stellvertreter des Reichskanzlers Dr. Helfferich erhobenen An-
schuldigungen zurück. Diese Herren waren sämtlich an der diplomatischen Aktion in
keiner Weise beteiligt. Sie haben nichts getan, wodurch die auf den Frieden gerichtete
Aktion der politischen Leitung in irgendeiner Weise durchkreuzt oder erschwert worden
wäre.
Mit den genannten Herren spreche ich die Überzeugung aus, daß die Herbei-
führung einer Außerung des früheren Staatssekretärs des Auswärtigen v. Kühlmann,
in dessen Händen die diplomatische Durchführung der Aktion lag, die obige Darstellung
bestätigen würde. Ich halte mit den genannten Herren diese Außerung für nötig, um
zur Beruhigung großer Teile des deutschen Volkes beizutragen, die durch die wahr-
heitswidrige Darstellung des Reichsfinanzministers in Erregung versetzt worden sind.
gez. Michaelis.
Die Unterzeichneten bestätigen, daß die obige Darstellung, soweit sich die Dinge
unter ihrer Mitwirkung und mit ihrer Kenntnis abgespielt haben, in allen Punkten
den tatsächlichen Vorgängen entspricht").
gez v. Hindenburg. gez. Ludendorff. gez. Helfferich.
11.
Feindliche Stimmen.
a. England.
Erklärungen des englischen Unterstaatssekretärs Harmsworth im Unterhaus.
„Lokal-Anzeiger“, 7. 8. 1919: Die Regierung hat die Absicht, sobald wie möglich dem
Parlament die hierauf bezüglichen Dokumente zu unterbreiten. Am 21. August 1917
erhielt der britische Gesandte beim Vatikan Instruktionen dahingehend, den Kardinal-
Staatssekretär zu unterrichten, daß die britische Regierung nicht sagen könne, welche
Antwort im gegebenen Falle auf die Friedensvorschläge des Papstes erteilt würden,
denn sie hätte ihre Alliierten noch nicht befragen können, und daß es für alle Fälle
unnütz erscheine, die Herbeiführung eines Abkommens zwischen den kriegführenden
Mächten zu suchen, bevor die Zentralmächte einige Angaben über die Ziele, zu deren
Erreichung sie den Krieg fortsetzten, gegeben hätten. In seiner Antwort schränkte
Gasparri das Aktionsfeld ein und teilte mit, daß die deutsche Regierung ihre Absicht
kundgeben ließ, die Unabhängigkeit Belgiens wiederherzustellen, indem sie sich auf
die Resolution des Reichstags zugunsten eines annexionslosen Friedens stützte. Der
Vertreter Englands meinte, daß die britische Regierung keinen authentischen Text
dieses Dokuments besitze, welches übrigens nicht genüge. Denn der Reichstag habe
keine Vollmacht, über diesen Punkt zu entscheiden. Am 24. August teilte der Kardinal
mit, daß folgendes Telegramm als Antwort auf das britische Telegramm abgesandt
würde: „Der Kardinal--Staatssekretär behält sich vor, auf das Telegramm zu ant-
*) .. Einige Tage nach dem Kronrat regte der Reichskanzler in einer Be-
sprechung mit seinem Stellvertreter, Dr. Helfferich, und dem Staatssekretär v. Kühl-
mann, der auch Oberst v. Haeften, Direktor Deutelmoser und ein Vertreter des Kriegs-
presseamts beiwohnten, an, die öffentliche Meinung in Heimat und an der Front
auf eine starke Beschränkung der in vielen Kreisen des öffentlichen Lebens hinsichtlich
Belgiens erstrebten Ziele vorzubereiten. Staatssekretär v. Kühlmann sprach sich aus
unbekannten Gründen dagegen aus. Am 20. September hat Oberst v. Haeften, der
ebenfalls von dem Schritt des Runtius Pacelli keine Kenntnis hatte, eine Besprechung
mit Staatssekretär v. Kühlmann gehabt, in der er ihn auf Veranlassung des Abgeord-
neten Konrad Haußmann bat, eine öffentliche Erklärung über Belgien abzugeben.
Der Staatssekretär lehnte ab. Oberst v. Haeften erstattete hiervon der Obersten Heeres-
leitung Meldung. Der Verfasser.