Vierter Abschnitt.
Die „höchste Staatsgewalt“ und die Teilung
der Gewalten.
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812.
Im Art. 6 Abs. 1 der hanmburgischen Verfassung heißt es:
„Die höchste Staatsgewalt steht dem Senate und der Bürgerschaft
gemeinschaftlich zu.“
Dieser Satz ist einem Grundgesetz der alten Verfassung, dem Haupt-
rezeß von 1712, entnommen, wo es gleich zu Anfang im Art. Lheißt:
7— klägliche Erfahrung bezeuget, daß bey denen
Troublen, welche diese gute Stadt in vorigen Zeiten zerrüttet,
friedhässige und unruhige Gemühter daher insonderheit ihren bösen
Unternehmungen einen Vorwand und Deckel, auch zugleich einen
Schein, Andere zu verleiten, gesuchet, daß sie die Frage: bey weme
in dieser Stadt das Köc#o oder die höchste Herrschaft sey? zu regen
und zu ihrem Vortheil zu deuten und zu entscheiden sich erkühnet:
so wird hiemit alß ein ewiges, unveränderliches und unwiderruf-
liches Fundamental-Gesetze festgestellet und bekräftiget, daß solch
Kvocoy, oder das höchste Recht und Gewalt, bey E. E. Raht und
der Erbgesessenen Bürgerschafft inseparabili nexu conjunctim
und zusammen, nicht aber bey einem oder andern Theil privative
bestehe, und daß dannenhero, so lange Raht und Bürgerschafft
nicht zu einem einmüthigen und freywilligen Schluß gekommen,
des einen Theils Resolution und Entschließung für keinen gültigen,
weder E. E. Raht, noch die Erbgesessene Bürgerschafft verbindenden
Schluß geachtet — werden solle.“