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Armenpolizei.
Kräften angemessene Arbeit zu verrichten, endlich wer nach Verlust seines
bisherigen Unterkommens binnen der ihm von der Behörde gesetzten Frist
sich kein anderweites Unterkommen verschafft, auch nicht nachweisen kann,
daß er solches aller Mühe ungeachtet nicht vermocht habe (StGB. 8 361
Pct. 3, 4, 5, 7, 8, RGes. vom 12. März 1894 S. 259 Art. 2). Die
letztere Bestimmung kann nicht auf die Fälle ausgedehnt werden, wo der
Unterhaltspflichtige sich weigert, der Ersatzforderung des Armenverbands
nachzukommen (MVO. vom 26. März 1895 in d. Zeitschr. f. V. XVI
S. 302, XVII S. 55). Als Bettler wird betrachtet, wer ohne ein
besonderes Verhältniß zum Geber oder eine besondere Veranlassung ohne
Unterschied der Person um eine Gabe anspricht (Arm.-Ordg. 8§ 101,
102). Als vagabondirender Bettler gilt, wer entweder keinen be-
stimmten Wohnsitz darthun kann, oder außerhalb seines Wohnortes in
einer Entfernung von wenigstens 2 Meilen über dem Betteln betroffen
wird, ohne einen bestimmten Ort nachweisen zu können, wohin er seinen
Weg zu richten oder zurückzukehren beabsichtigt habe (Arm.-Ordg. § 108.).
Als Unterkommen im Sinne obiger Strafbestimmung in § 3618 des
St GB. ist bei Verheiratheten ein solches zu verstehen, das auch den
Angehörigen Obdach gewährt (MVO. vom 12. Juli 1872). Die Be-
deutung, sich Unterkommen zu verschaffen, kann nur von der letzten
Wohnortsbehörde ertheilt werden, die Behörden sind jedoch unbehindert,
auch den nicht unter § 3618, sondern unter § 3618 fallenden Land-
streichern die Beschaffung von Unterkommen aufzugeben (MVO. vom
20. October 1876 im SW B. S. 217). Ausschicken zum Betteln
(StGB. § 3614) liegt auch vor, wenn die Kinder zum Hausiren mit
geringwerthigen Gegenständen mit der Absicht ausgeschickt werden, das
Mitleid zu erregen und Geldgeschenke in Empfang zu nehmen (Erk. des
OLG. vom 2. Mai 1889 in der Zeitschr. f. V. XI S. 275). Zur
Anwendung von § 361, des St GB. ist erforderlich, daß die durch
Müßiggang herbeigeführte Unfähigkeit zur Unterstützung der Angehörigen
festgestellt itt (SWB. von 1880 S. 196). Neben obigen Strafbestim-
mungen als fortbestehend sind zu betrachten die in der Arm.-Ordg. fest-
gesetzten Strafen für Diejenigen, die Bettelbriefe schreiben (8 105) und
die zur Unterstützung gegebenen Gegenstände kaufen oder als Pfand
annehmen (8§ 132), desgleichen die Strafen für Almosenempfänger, die
Hunde oder nutzlose, ihnen Aufwand verursachende Hausthiere halten
E 133), sowie für Schankwirthe (s. d.), die das Aufliegen öffentlich
unterstützter Armer, Arbeitsscheuer 2c. gestatten. Körperliche Züchtigung
(s. d.) und Entziehung warmer Kost ist als Disciplinarstrafmittel der
Armenhäuser (s. d.) zulässig. Die nach obigen Bestimmungen des St GB.
Verurtheilten können zu Arbeiten, die ihren Fähigkeiten und Verhält-
nissen entsprechen, angehalten, auch der Landespolizeibehörde (s. d.) über-
wiesen werden. Die letztere erhält durch die Ueberweisung das Recht,
die Verurtheilten entweder bis zu 2 Jahren in ein Arbeitshaus unter-
zubringen, oder zu gemeinnützigen Arbeiten zu verwenden (St# G# B. 8 362),
Ausländer aber aus dem Reichsgebiete auszuweisen.