Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

Uebersicht der Ereignisse des Jahres 1861, 329 
vornherein waren beide Häuser entschlossen, von den 48er Gesetzen nicht 
zu lassen. Die Entscheidung wurde dem Unterhause überlassen; die 
Magnaten begnügten sich, den Entschließungen desselben zu folgen. Zwei 
Parteien stritten darin um die Oberhand, beide fast gleich stark, beide auf 
dem Boden jener Gesetze stehend. Die eine anerkannte als ihren Führer 
den Grafen Ladislaus Teleki und wollte der Krone einfach durch einen Be- 
schluß notifiziren, daß Ungarn die Februarverfassung nicht anerkenne und 
an den in den 48er Gesetzen ausgesprochenen staatsrechtlichen Normen für 
das Verhältniß Ungarns zu seinen Nebenländern und zu den sog. Erb- 
ländern des Hauses Habsburg festhalte; sie hieß darum die Beschlußpartei. 
Die andere Partei strebte dasselbe Ziel an, wollte es aber durch Unter- 
handlungen erreichen und zunächst in einer Adresse an den Mrnarchen 
sormuliren; der Führer dieser, der sogen. Adreßpartei, war der Legzist 
Franz Deak. Zwei Tage nach der Eröffnung des Landtags erschoß sich 
der Führer der Beschlußpartei, Graf Teleki. Die Partei fiel jedoch da- 
rüber nicht auseinander. Drei Wochen lang wurde über die Lage, ob 
Beschluß oder Adresse gekämpft. Endlich am 5. Juni beschloß das Haus, 
aber nur mit einer Majorität von 3 Stimmen — es standen 155 gegen 
152 — im Princip, eine Adresse zu erlassen. Der Sieg der gemäßigteren 
Partei war indeß nur ein scheinbarer: in der Spezialdebatte unterlag sie 
ihren Gegnern in den entscheidenden Punkten. Schon in der Anrede an 
den Monarchen wurde statt „Allerdurchlauchtigster Kaiser und König“ blos 
„Allerdurchlauchtigster Herr“ zu sagen beschlossen und folgerichtig damit 
der ganze Schluß des Deak'schen Entwurfes gestrichen und dagegen die 
Erklärung ausgenommen, daß der Landtag bis zu seiner Vervollständigung 
durch Abgeordnete aus Siebenbürgen und eventuell auch aus Croatien 
nach den 48er Gesetzen sich in Verhandlungen über die Abdankungs- 
urkunden des Kaisers Ferdinand und des Erzherzogs Franz Karl, wie 
überhaupt über die Thronveränderungsfrage gar nicht einlassen könne. 
Dieser Beschluß erfolgte in namentlicher Abstimmung mit 134 gegen 120 
Stimmen. Die Adresse war damit factisch zum Beschlusse umgewandelt, 
und dem Kaiser die Anerkennung als König von Ungarn versagt, bevor 
er die 48er Gesetze anerkannt habe. Die Magnaten stimmten zu. Der 
Kaiser aber verweigerte die Annahme der Adresse in dieser Form. Nun 
gewann die Partei Deak doch wieder die Oberhand. Die Adresse wurde 
nach der ursprünglichen Fassung abgeändert und jetzt vom Kaiser entgegen- 
genommen. Das umnfangreiche Actenstück suchte sich in sehr einläßlicher 
Rechtsdeduction auf die pragmatische Sanction zu stützen, um sowohl das
	        
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