104 Auf den Kriegsschauplätzen
der deutschen Front aus Flugzeugen Spione mit Brieftauben abgesetzt
wurden. Es waren dies Leute, die im besetzten Gebiet zu Hause waren
und in ihrem Heimatgebiet gelandet wurden, wo sie Weg und Steg
kannten. Es wurden aber auch Deutsche, besonders Elsaß-Lothringer, die
sich entweder schon vor Kriegsbeginn in Frankreich aufgehalten und der
Dienstpflicht im deutschen Heer entzogen hatten oder die während des
Krieges nach Frankreich desertiert oder gefangen genommen worden
waren, verwendet. Fliegerspione deutscher Nationalität boten den Vor-
teil, daß sie besser als die französischen mit den deutschen Heeresverhält-
nissen vertraut waren und sich selbständig zwischen den deutschen Trup-
pen bewegen konnten. Franzosen dagegen waren mit der Bevölkerung
bekannt und konnten auf ihre Unterstützung rechnen. Sämtliche Flieger-
spione waren ältere Leute. Unter der Zivilkleidung trugen die Franzosen
französische und die Deutschen deutsche Uniform. Die letzteren waren
angewiesen, die Zivilkleidung nach der Landung abzulegen, zu verstecken
und sich in Uniform unter die deutschen Truppen zu mischen. Die Fran-
zosen sollten zunächst die Zivilkleidung anbehalten, um in der Bevölke-
rung untertauchen zu können und nur bei drohender Gefahr die Ver-
kleidung ablegen, damit sie in französischer Uniform nicht als Spione,
sondern als Kriegsgefangene behandelt würden, wenn sie ergriffen
wurden. Die Fliegerspione waren mit ausführlichen Instruktionen und
großen Beträgen französischen, vor allem aber deutschen Geldes ver-
sehen. Auch waren sie zur Ubermittlung ihrer Nachrichten mit meist
sechs Brieftauben ausgerüstet, in deren Behandlung sie eingehend unter-
richtet waren. Die Landungen erfolgten bei Nacht, vorzugsweise im
ruhigeren, von deutschen Truppen weniger dicht besetzten und darum
auch weniger beaufsichtigtem Etappengebiet. Von dort aus hatten die
Spione sich in das Kampfgebiet vorzuschleichen. Ihnen war versprochen,
daß sie nach einiger Zeit an der Landungsstelle wieder durch Flugzeuge
würden abgeholt werden. Unternehmungen dieser Art mehrten sich auf-
fallend, wenn große Kampfhandlungen bevorstanden. Sie ließen Rück-
schlüsse darauf zu, wo der Feind solche vorbereitete oder wo er eine
Vorbereitung auf deutscher Seite vermutete. Auch sonst gab das Ge-
ständnis der Fliegerspione und die bei ihnen gefundenen Instruktionen
Aufschluß über die Absicht und Vermutungen des Feindes. Im Jahre
1915 fielen neun Fliegerspione, davon vier in Uniform, und fünf Flug-
zeuge in deutsche Hand. Versuche, die abgesetzten Spione wieder abzu-