106 Auf den Kriegsschauplätzen
ballons hatten einen Durchmesser von 8½ m und einen Gasgehalt von
zuo chm. Ihre Tragfähigkeit reichte nur für eine Person. Ihre Flug-
weite betrug 40—s0 km. Die Freiballonspione waren in England
ausgebildet. An 26 Ausbildungstagen waren sechs Ubungsflüge, etwa
zwei bei Nacht, vorgenommen worden. Zwar führten auch sie Brief-
tauben bei sich. Ihre Aufgabe war aber weniger die Nachrichtenvermitt-
lung, als die Organisierung eines Nachrichtendienstes im Nücken des
deutschen Heeres mit Meldeweg nach Holland. Denn inzwischen war
Holland als Basis des Frontnachrichtendienstes ausgebaut worden. Vier
solcher Spione wurden bereits im Jahr 1917 ergriffen.
Dasselbe Ziel verfolgte ein drittes System, das der französische
Nachrichtendienst im Jahr 1917 einführte. Es bestand darin, daß
Spione aus Flugzeugen mit Fallschirmen abgeworfen wurden. Für
diese Aufgabe waren besondere Flugzeuge konstruiert, die zwischen den
Rädern unter dem Schwanz einen Aluminiumkasten hatten, der den
Spion mit seinem Fallschirm aufnahm. Der Boden des Kastens wurde
durch einen Handgriff des Flugzeugführers geöffnet. Ohne den Zeit-
punkt zu ahnen, fiel der an den Fallschirm geschnallte Spion ab. Schon
1917 wurden drei auf diese Weise hinter die deutschen Linien gebrachten
Spione gezählt. Der eine wurde völlig zerschmettert aufgefunden. Sein
Fallschirm hatte versagt. Die Gefährlichkeit der mit Freiballon oder
mit Fallschirmen gelandeten Spione war weit größer als die der mit
Flugzeug abgesetzten, weil die Landung unauffällig und die Spionage
auf eine breitere Grundlage gestellt wurde, indem sie nicht die vorüber-
gehende Meldetätigkeit eines einzelnen Spions, sondern die Organisie-
rung eines ständigen Nachrichtendienstes über Holland durch gut in-
struierte Leute zum giel hatte.
In dem gleichen Jahr setzte noch ein viertes System ein. Aus Flug-
zeugen wurden in großen Mengen Brieftauben und Meldeballons ab-
geworfen, um die Bevölkerung hinter der deutschen Front in weitestem
Umfang zur Nachrichtenübermittlung auszurüsten. Die Brieftauben
waren zu zweit in kleineren Körben untergebracht. Sie schwebten aus
den Flugzeugen an kleinen seidenen Fallschirmen zur Erde. In den
Körben befand sich Nahrung, eingehende Anweisung für die Behandlung
der Brieftauben, Fragebogen, Muster von Meldungen, französisches
Geld und Aufrufe folgender Art:
„Der Widerstand der Boches erschöpft sich vor den verbündeten An-