124 Auf den Kriegsschauplätzen
Sämtliche Gefangene waren gut verpflegt und ausgerüstet, wenn
man die Folgen des eben überstandenen Kampfes berücksichtigte. Auch
die Stimmung war im großen und ganzen durchweg gut, wenn man die
eben überstandenen erschütternden Eindrücke abzog, teilweise sogar vor-
züglich, insbesondere von dem Augenblick an, als die Unterstützung der
Amerikaner sich materiell bemerkbar machte.
Es gehört nicht hierher, daß ich die verleumderischen Beleidigungen
gegen die deutschen Truppen wegen schlechter Behandlung der Gefan-
genen zurückweise. Widersprach eine solche schon allein dem Geist der
deutschen Truppen, so lag eine gute Behandlung der Gefangenen als
wertvolle und fast einzige Nachrichtenquelle auf dem Kriegsschauplatz
auch im deutschen Interesse. Die Gefangenen wurden so bald als mög-
lich hinter die vereinbarte 30 km-Zone zurückgebracht, um sie vor per-
sönlichen Belästigungen zu schützen und sie dadurch nicht widerspenstig
zu machen. Dazu gehörte, daß sie ihr Geld, Wertgegenstände und Pa-
piere behielten, die oft wertvollen Aufschluß gaben. Ganz ließ es sich
natürlich nicht vermeiden, daß die unter äußerster Entbehrung leidenden
deutschen Truppen sich wertvolle Kleidungsstücke, besonders die präch-
tigen Lederjoppen und Mäntel gefangener Flieger als Kriegsbeute an-
eigneten. Ebenso fanden die hohen englischen Gummistiefel, im übrigen
die Ursache zu dauernden Fußkrankheiten, häufig schon frühzeitiger einen
Liebhaber im deutschen Schützengraben, als es ihrem Besitzer recht war.
Der Gefangene durfte sofort, spätestens im Armeegefangenenlager,
an seine Angehörigen eine Karte schreiben. Für Weiterbeförderung wurde
zuverlässig gesorgt. Gerade diese Erlaubnis löste auch verstockten Ge-
fangenen die Zunge. Erklärlicherweise stach die Verpflegung auf deut-
scher Seite beträchtlich von der ab, die die Gefangenen bisher gewohnt
waren. Häufig war auch bei unerwartetem starkem Zustrom von Ge-
fangenen ausreichende Verpflegung nicht rechtzeitig zur Stelle, ebenso
mangelte es an Bekleidung, Wäsche und Schuhwerk. Hierunter litt die
Möglichkeit, die Gefangenen durch gute Behandlung zu gewinnen, eine
Möglichkeit, die beim Gegner vorhanden war, die von ihm aber, soweit
festgestellt werden konnte, nicht ausgenutzt worden ist. Dort ging man
den entgegengesetzten Weg: Gefangene, die nicht aussagen wollten,
wurden durch schlechte Behandlung und Verpflegung willig gemacht.
Der Feind, der aus seiner eigenen Auswertung der Gefangenenaus-
sagen wußte, eine wie wichtige Nachrichtenquelle diese war, gab sich