Full text: Geheime Mächte - Internationale Spionage und ihre Bekämpfung im Weltkrieg und heute.

156 Die Ergebnisse 
gesichtet und beurteilt waren. Denn die Meldungen widersprachen sich 
häufig. Es bedurfte dauernden Vergleiches, um die richtigen von den 
falschen zu unterscheiden. 
Für die Marine brauchbare Meldungen wurden an den Nachrichten- 
dienst des Admiralstabs abgegeben. Meldungen mit technischen An- 
gaben wurden an die zuständige deutsche Behörde und solche politischen 
Inhalts an die politische Abteilung der Obersten Heeresleitung zum 
Befinden über die Weitergabe an das Auswärtige Amt geleitet. Mel- 
dungen wirtschaftlicher Art gingen an eine in Berlin beim stellvertreten- 
den Generalstab eingerichtete Zentralstelle, die mit den interessierten 
Wirtschaftsbehörden in Verbindung stand. 
Bei der Obersten Heeresleitung wurden also nur die militärischen 
Meldungen ausgewertet und zu einem einheitlichen Bilde zusammen- 
gestellt, weil die militärische Führung nur hierfür sachverständig und 
verantwortlich war. 
Als der Zusammenbruch Deutschlands erfolgte, gehörte zu dem Werk- 
zeug der Revolution die Behauptung, der deutsche Nachrichtendienst habe 
versagt. Auch der Führer einer bürgerlichen Partei machte sich diese 
Ansicht zu eigen, und verstärkte damit den Eindruck, daß der Zusammen- 
bruch Deutschlands ein militärischer gewesen sei, veranlaßt durch falsche 
Einschätzung und Unterschätzung der feindlichen Streitkräfte. Im be- 
sonderen wurde diese irreführende Behauptung in bezug auf die Re- 
serven verbreitet, mit denen Marschall Foch den letzten entscheidenden 
Angriff geführt hat, und über die amerikanischen Streitkräfte, deren 
überwältigende Zahl den Widerstand des deutschen Heeres gebrochen 
hätte. Beide Behauptungen sind falsch, über beide Fragen war die 
Oberste Heeresleitung durch den deutschen Nachrichtendienst zutreffend 
unterrichtet. 
Am 21. März 1918, als die deutsche Offensive begann, standen 16 
englische und 35 französische Divisionen hinter der Front. Sie waren hinter 
der ganzen Frontverteilt. Der Feind erwartete den Angriff, wußte aber nicht, 
wo er erfolgen würde. Dies waren die Reserven, aber nicht eine geschlossene 
Reservearmee auf feindlicher Seite. Der Nachrichtendienst stellte fest, 
daß bis Anfang April die englischen Reserven bis auf eine, und bis Mitte 
Mai die französischen Reserven bis auf zwei Divisionen an der Front 
eingesetzt worden waren. Gleichzeitig meldete er, daß der Gegner aus 
ruhigen Fronten Divisionen herausgezogen und bis Mitte Mai 40 frische
	        
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