170 Nach dem Kriege
steht die deutsche Abwehr fast aller Mittel entblößt gegenüber. In der
Heimat findet sie seit der Revolution noch weniger als vordem staatliche
Unterstützung. Eine Spionageüberwachung im neutralen Ausland aber
ist der Währungsverhältnisse wegen ganz ausgeschlossen.
Die Anstellung aller Agenten durch Frankreich erfolgt ohne weitere
Prüfung. Mit der Größe der Organisation hat deshalb die Güte der
Agenten nicht Schritt gehalten. Der Wert des Nachrichtendienstes sinkt
damit. Das in ihm tätige Straßengesindel leistet aber Frankreich den-
noch die Dienste, die es haben will. Es liefert erlogene Nachrichten und
bleibt im Falle der Ergreifung obendrein aus diesem Grunde straffrei.
Der Fall des Fälschers Anspach ist hierfür ein Beispiel.
Frankreich überschätzt den eigentlichen Wert dieses Massenbetriebes in
Deutschland nicht. Es begünstigt ihn zu politischem Zweck, sorgt aber
gleichzeitig dafür, daß der ernsthafte Nachrichtendienst von diesem Trei-
ben nicht angekränkelt wird. Der wirkliche Nachrichtendienst wird nach
den alten bewährten Grundsätzen weiter verfolgt und seine Leitung
immer mehr in das neutrale Ausland und die östlichen Randstaaten
verlegt.
Ein Beispiel für den letzteren bildet das Vorgehen des französischen
Majors Richert in München. Dieser Fall zeigt auch, wie wenig die
deutsche Abwehr in der Lage ist, den großen Unternehmungen des feind-
lichen Nachrichtendienstes gegenüber durchzugreifen. Nur in Ostpreußen
und Oberschlesien ist es bisher gelungen, zwei größere Organisationen
zu zerschlagen. In Oberschlesien wurde die Entdeckung dadurch herbei-
geführt, daß ein vom französischen Nachrichtendienst angeordneter Ein-
bruch an falscher Stelle erfolgte. Bei dieser Gelegenheit wurde festge-
stellt, daß die Ermordung des örtlichen Leiters der Spionageabwehr
geplant war.
Im übrigen trafen die gerichtlichen Verurteilungen seit dem Kriege
meist nur Fälle von untergeordneter Bedeutung, deren Zahl lediglich
den großen Umfang des französischen Nachrichtendienstes in Deutschland
kennzeichnet. Es wurden «
im Jahre 1919 34 Fälle gerichtlich behandelt, 88 Personen verurteilt
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