Kriegsnachrichtendienst in den neutralen Ländern 50
also Deutschland zu, das auch in der Hauptsache den Nachrichtendienst
gegen Rußland zu bestreiten hatte, weil nur der Weg im Norden über
Schweden—Finnland freiblieb, während er im Süden so gut wie völlig
abgeschlossen war.
Es ist selbstverständlich, daß der Nachrichtendienst der drei großen
Militärmächte Frankreich, England und Rußland im Vorsprung war,
als es galt, die neutralen Durchgangsländer zu erobern, um so mehr,
als er bei Kriegsauobruch völlig aktionsfähig dastand. Entsprechend der
Rollenverteilung vor dem Kriege und im ersten Teil des Krieges fiel
Frankreich und Rußland vor allem die militärische Erkundung Deutsch-
lands zu. England überwachte die deutsche Küste und die deutsche Flotte.
Diese Rollenverteilung innerhalb der gemeinsamen Kriegführung, die
die letzten Schranken für eine Zusammenarbeit der Generalstäbe be-
seitigte, bedeutete eine Konzentration des einzelnen und damit einen
Kraftzuwachs für die Durchführung. Aus der geographischen Lage
ergab sich die Basis: für Frankreich die Schweiz, für England die
Niederlande, Norwegen und Dänemark, für Rußland Schweden. Fest-
stellungen, die nach der Besetzung Rumäniens möglich wurden, er-
wiesen, daß auch von diesem Lande, solange es neutral war und schon
im Frieden, ein Nachrichtendienst gegen die Mittelmächte in einem Um-
fange betrieben worden war, wie er vorher nicht hatte festgestellt wer-
den können. Im weiteren Verlauf des Krieges dehnten sich die Be-
ziehungen der Ententestaaten in den neutralen Ländern immer mehr
aus. Es ist schwer, das ungeheuer umfangreiche System der von der
Entente über die neutralen Länder betriebenen Spionage einigermaßen
übersichtlich zu schildern. Es soll länderweise versucht werden. Dabei
können aus der Fülle der Feststellungen nur die hauptsächlichsten an-
geführt werden.
Schweiz
Die Schweizer Regierung versuchte auf Grund ihrer Erfahrungen
im Frieden und in richtiger Einschätzung der Bedeutung ihres Landes
für die Kriegführenden unmittelbar nach Kriegsausbruch durch eine
strenge Gesetzgebung den Mißbrauch ihrer Neutralität zu verhindern und
die Gefahr einzuschränken, die dieser durch eine Betätigung des Nach-
richtendienstes der Kriegführenden auf Schweizer Boden erwuchsen.
Vom 3. August 1914 datiert der Bundeobeschluß betreffend Maß-