Full text: Geheime Mächte - Internationale Spionage und ihre Bekämpfung im Weltkrieg und heute.

Kriegsnachrichtendienst in den neutralen Ländern 65 
Reuter unterhielt seine eigenen Organe, deren Arbeitsweise nach Deutsch- 
land und Belgien auf denselben Grundlagen beruhte, wie die des mili- 
tärischen Nachrichtendienstes. Da die gesamte militärische englische Spio- 
nage sich in der Hauptsache auf die deutsche Küste, einschließlich der 
belgischen, und die deutsche Marine beschränkte, so ist es klar, daß der 
zu diesem Zweck eingesetzte gewaltige Apparat vollendete Ergebnisse 
zeitigte. 
Auch für die englische Wirtschafts= und Handelsspionage gegen 
Deutschland bildete Holland die Basis. Der Leiter war der englische 
Generalkonsul in Rotterdam, unterstützt im besonderen durch den 
Handelsattaché Sir Francis Oppenheimer. 
Da der neutrale Reiseverkehr aus Deutschland über Holland und 
aus Holland nach England der englischen Kontrolle unterlag, so standen 
dem englischen Nachrichtendienst außerordentlich wirksame Druckmittel 
zur Erzwingung von Auskunft zur Verfügung. Sein Einfluß in den 
Niederlanden war wesentlich stärker als derjenige Frankreichs. Die 
englischen Agenten waren daher in allen Gesellschaftsschichten, in allen 
Nationalitäten und unter dem gesamten Reiseverkehr vorhanden, der 
zwischen Deutschland und Holland hin und her flutete. Nur der erste 
Aufbau des englischen Kriegsnachrichtendienstes basierte auf der Hilfe 
holländischer Juden. Sehr bald nach Kriegsbeginn wurde dieser be- 
grenzte Boden verlassen und alles, was englischem Einfluß unterlag, 
für den Nachrichtendienst ausgenutzt. Unter diesem Reiseverkehr durch 
Holland befanden sich auch zahlreiche Kriegsberichterstatter aus den 
neutralen Ländern. Ihnen wandte der englische Nachrichtendienst be- 
sondere Aufmerksamkeit zu. So führte ein Kriegsberichterstatter Leon- 
hard Kooyper für das neutrale Blatt „Nieuwe Rotterdamsche Courant“ 
acht Reisen auf den Kriegsschauplatz nach Belgien und Nordfrankreich 
und vier Reisen nach Deutschland im Dienste Englands aus. Er hat 
über seine Beobachtungen sowohl seinem Auftraggeber, dem Bureau 
Tinsley, wie unmittelbar dem Kriegsministerium in London Bericht 
erstattet. 
Der belgische Nachrichtendienst war durch den deutschen Einmarsch 
fast ganz auf holländisches Gebiet abgedrängt worden, nur einzelne 
Teile hielten sich auf belgischem Boden. Im Jahre lo#s erst wurde 
ein belgischer Nachrichtenoffizier in Lüttich ermittelt, der den Mut ge- 
babt hatte, bis dahin auf seinem Posten zu bleiben und ständige Ver- 
Nicoltal 5
	        
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