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Auf den Kriegsschauplätzen
Der Krieg schafft für den militärischen Nachrichtendienst völlig ver-
änderte Verhältnisse. Das militärische Geheimnis, vor allem der Auf-
marsch und die nur für den Kriegsfall geltende militärische Rüstung, im
Frieden nur wenigen bekannt und unter sicherem Verschluß behütet,
tritt an die Offentlichkeit. Unter den Augen von Millionen und unter
der Mitarbeit von Tausenden reifen die Entschlüsse langsam zur Tat.
Es gilt, sich Kenntnis über diese Vorgänge beim Feind zu verschaffen
und ihm selbst einen Einblick in die eigenen Zustände zu verwehren. Jede
Rücksicht des Krieges schwindet, das einzige Ziel des Kampfes ist der
Sieg.
In diesem Ringen schuf der Weltkrieg auf beiden Seiten Aufgaben,
wie sie vorher niemals vom Nachrichtendienst zu bewältigen waren.
Wohl hatte der russisch-japanische Krieg schon ausgedehnte Schlacht-
fronten und wochenlange Schlachten gebracht, in deren Zeiträumen eine
Spionage, die beim Bewegungskrieg als unmittelbares Hilfsmittel der
Heerführung ausscheidet, sich entwickeln konnte. Soviel bekannt gewor-
den ist, hat die chinesische Bevölkerung, auf deren Heimatboden der
Krieg sich abspielte, den rasseverwandten Japanern wesentliche Dienste
geleistet und der russischen Kriegführung schwere Schädigung zugefügt.
Aber die Flügel der Schlachtfronten blieben damals noch frei und ge-
statteten der Kavallerie weitreichende Unternehmungen zum Zwecke der
Aufklärung.
Der Weltkrieg aber schuf Verhältnisse, die alles vorher Dagewesene
weit in den Schatten stellten. Die Kavallerie, bei Kriegsspielen, Manö-
vern und in den Dienstvorschriften die Waffe der Aufklärung, schied
nach den ersten Vormarschschlachten aus. Die Fronten standen und
verdichteten sich immer mehr. Sie wichen nur frontal vor oder zurück.
Zwar war die Luftaufklärung ein neues Element in der Kriegführung.
Die Luftwaffe fand durch alle Kriegführenden lebhafte Förderung.
Aber sie sah nur die Stellung des Feindes, marschierende Kolonnen,