78 Auf den Kriegsschauplätzen
Kriegsschauplätzen befindlichen feindlichen Truppen war aber das gleiche.
Nur wenn das Bild über den Feind auch dort zutreffend war, war das
Gesamtbild richtig und vor allem die Beurteilung über die Kräftever-
teilung auf den entscheidenden Fronten zutreffend. Deutschland mußte
seine Verbündeten durch Entsendung von Truppen und Material unter-
stützen. Von der richtigen Erkenntnis der Feindlage war aber die Zu-
teilung deutscher Hilfstruppen in hohem Maße abhängig, sollten nicht
die entscheidenden Fronten unnötig geschwächt werden oder an den
Nebenfronten Uberraschungen eintreten, die für die Gesamtlage ver-
hängnisvoll werden konnten. Bei allen Armee-Oberkommandos, in
deren Befehlsbereich deutsche Truppen kämpften, und bei den Heeres-
leitungen der Verbündeten befanden sich daher Nachrichtenoffiziere der
Obersten Heeresleitung. In den meisten Fällen hatten sie gleichzeitig
die Leitung des gesamten Nachrichtendienstes im Armeebereich, wodurch
ihnen die Quellen aus Vernehmung der Kriegsgefangenen, aus der Aus-
wertung erbeuteter Schriftstücke, aus der Fliegeraufklärung, der Artil-
leriebeobachtung und den Truppenmeldungen unmittelbar erschlossen
wurden. Sie übermittelten das Gesamtergebnis des Nachrichtendienstes
der einzelnen Armeen der Obersten Heeresleitung. Die Entsendung von
Spionen war ihnen bis auf einige zeitlich und örtlich begrenzte Aus-
nahmen als aussichtslos verboten.
Auf diesem allgemein gültigen Hintergrund für beide Seiten müssen
die Verhältnisse auf jedem einzelnen Kriegsschauplatz besonders be-
trachtet werden, weil sie nach der Dichtigkeit der Front, nach der natür-
lichen Beschaffenheit des Kriegsschauplatzes und nach dem Charakter der
Bevölkerung, auch nach der Energie der feindlichen Kriegführung ver-
schieden waren. Es wird sich dabei empfehlen, zunächst die Kriegsschau-
plätze im Osten zu betrachten und nachdem die Verhältnisse auf dem
westlichen Kriegsschauplatz kennenzulernen, wo die Entscheidung fiel
und deshalb der Nachrichtendienst in allen seinen Zweigen zur größten
Entfaltung kam.
Der russische Kriegsschauplatz
Der russische Nachrichtendienst war im Frieden nur auf die Offensive
eingestellt worden. Die Beute in der Schlacht von Tannenberg brachte
den Beweis, daß die russischen Armee-Oberkommandos mit einem Ma-
terial über Deutschland als Kriegsschauplatz ausgerüstet waren, wie es