Auf den Kriegsschauplätzen 03
einen oder anderen Seite besser waren. Aber der Nachrichtendienst hatte
hieraus nur beschränkten Nutzen für örtliche Fragen.
In dem lebhaft betriebenen Nachrichtendienst in der Türkei wurde
kaum ein Türke ergriffen. Die Türkei ist der einzige Kampfplatz, in
dem die Frau keine Nolle spielte. Auch das Auftreten von neutralen
Spionen wurde kaum festgestellt, weil die Verhältnisse in der Türkei
so eigenartig waren, daß anscheinend der feindliche Nachrichtendienst
sein Augenmerk nur auf die mit diesen Verhältnissen vertrauten Landes-
einwohner richtete. Die ergriffenen Spione waren meist Griechen, Ar-
menier und Juden. Die Griechen oder Levantiner waren dabei feige,
die Juden zeigten sich sehr türkenfeindlich und unterstützten von allen
Ententestaaten besonders die Engländer. Die Armenier waren als Spione
sehr entschlossen und gefürchtet. Sie machten den Türken auch hierin
große Schwierigkeiten, was zu einer Verschärfung der Maßnahmen gegen
die Armenier erheblich beitrug. Der feindliche Nachrichtendienst war
somit an dem Schicksal der Armenier während des Krieges nicht ohne
Schuld. Im Kampf gegen die Spione wirkte sehr störend, daß die
„Süreté générale“ und der Polizeipräfekt von Konstantinopel nicht ein
und dieselbe Behörde waren und daß die Bureauzeit gewissenhaft einge-
halten, darüber hinaus aber nicht gearbeitet wurde. An sich war die
türkische Polizei geschickt und energisch, sie war geschult durch politische
Intrigue und aus diesem Grunde gefürchtet.
Für den deutschen Nachrichtendienst war es nicht leicht, sich in die
türkischen Verhältnisse einzufügen, weil er mit ihnen nicht vertraut war.
Indem leitende Offiziere des türkischen Nachrichtendienstes den deutschen
kennen lernten und deutsche Offiziere nach der Türkei entsandt wurden,
gelang es aber doch, eine leidliche Ubereinstimmung herbeizuführen.
Es glückte, die Organe des feindlichen Nachrichtendienstes in großer
Zahl unschädlich zu machen. Es geschah in so großem Umfang, daß die
Durchführung der Prozesse sich anstaute. Die Strafen waren streng,
das Spionagegesetz entsprach einem Entwurf, der dem deutschen Reichs-
tage vorgelegen hatte, von diesem nicht bewilligt, von der Türkei aber
übernommen war. Die Justände in den mit Spionen überfüllten tür-
kischen Gefängnissen waren traurige und es herrschte dort vielfach der
Flecktyphus. Der Massenbetrieb der Spionage und die daraus sich er-
gebende Verzögerung schneller gerichtlicher Entscheidung hat sicherlich
auch manchen Unschuldigen hierdurch zugrunde gehen lassen.