evangelischen Kirche. Kein Kaiser hat sie zur evangelischen Lehre
gezwungen, im Gegentheil wurde von der weltlichen Macht und von
dem Papste alles aufgeboten, das Werk der Reformation zu unter-
drücken und die Ausbreitung der evangelischen Kirche zu verhindern.
Wer sollte aber an Friedrichs Stelle Kaiser werden? Fried—
rich der Weise schlug den jungen spanischen König Karl vor, und
dieser bestieg auch unter dem Namen Karl V. den deutschen Kaiser—
thron. Karl V. fühlte sich gegen den Kurfürsten von Sachsen zu
Dank verpflichtet und übersendete ihm deshalb ein Geschenk von
100 000 Dukaten. Was machte aber der uneigennützige Kurfürst?
Er wies das Geschenk zurück und duldete auch nicht, daß einer
seiner Diener etwas annehmen durfte. Solch eine Gesinnung ehrte
der Kaiser und ihm war die Freundschaft mit diesem verständigen,
besonnenen und weisen Manne werth und theuer. Davon legte er
auch öffentlich Zeugniß ab, denn bei einer wichtigen Berathung sagte
er: „Wir wollen erst sehen, was unser Vater, Herzog Friedrich
von Sachsen, dazu sagen wird.“
Der junge Kaiser veranstaltete kurz nach seiner Wahl in
Worms einen Reichstag, auf welchem über die Angelegenheiten
des deutschen Reiches berathen werden sollte. Friedrich der Weise
bot alles auf, daß Luther hier, also auf deutschem Grund und
Boden, und nicht in Rom, verhört werden sollte. Kaiser Karl war
dies zufrieden. Er forderte Luther auf, binnen 21 Tagen in
Worms zu erscheinen und versprach ihm auf seiner Hin= und Rück-
reise und in Worms sicheres Geleit. Damit begnügte sich Kurfürst
Friedrich noch nicht, er brachte es auch dahin, daß diejenigen
Fürsten, durch deren Länder Luther reisen mußte, ihm ebenfalls
noch einen Geleitsbrief ausstellten, welchem er auch noch den seinigen
beifügte. Am 17. April 1521 erschien der Geladene vor der glän-
zenden Reichsversammlung. Festes Gottvertrauen strahlte aus seinen
Augen und mit sichtlichem Wohlgefallen ruhten Friedrichs Blicke
auf seinem unerschrockenen Professor. Als Luther aufgefordert
wurde, seine Lehre zu widerrufen, bat er sich 24 Stunden Bedenk-
zeit aus. Am 18. April erschien er zum zweiten Male vor der
Versammlung, und als er seine Rede mit den ewig denkwürdigen
Worten schloß: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe
mir! Amen!“ — da sprach der Kurfürst zu seinem Hofprediger
Spalatin: „O, wie schön hat Pater Martin geredet vor Kaiser
und Reich!“ —
Da Luther nicht eher widerrufen wollte, bis man ihm mit
klaren Zeugnissen der heiligen Schrift bewiesen, daß er falsch gelehrt
habe, so erkannte der weise Kurfürst nur zu deutlich, daß seinem
Professor nach Ablauf des sicheren Geleites große Gefahr drohe.
Er sorgte deshalb im Stillen für Abwehr derselben. Zwei Ritter