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erhielten den Auftrag, Luther auf seiner Rückreise in Sicherheit
zu bringen, aber dem Kurfürsten für jetzt den Ort nicht wissen zu
lassen, damit ihn der Kaiser nicht zur Verantwortung ziehen könne.
Luther wurde auf die Wartburg bei Eisenach gebracht, wo er
10 Monate lang unter dem Namen Junker Georg, geschützt gegen
die kaiserliche Reichsacht, unermüdlich arbeitete und namentlich die
Uebersetzung des neuen Testamentes in die deutsche Sprache vollendete.
Der unbesonnene Eifer des Dr. Karlstadt in Wittenberg, der
mit Gewalt die Reformation einführen und Mißbräuche abstellen
wollte, erregte manche Unordnungen. Luther, von seinen Freunden
davon in Kenntniß gesetzt, verließ nach 10 Monaten die Wartburg
und erschien ganz unerwartet in Wittenberg. In kurzer Zeit stellte er
wieder Ruhe und Ordnung her und setzte nun seine frühere Thätigkeit
weiter fort. Der Kurfürst ließ es ruhig geschehen, daß sein Professor
in Einführung der Reformation fortfuhr, daß er das heilige Abend-
mahl nach Jesu Einsetzung in beiderlei Gestalt wieder einrichtete,
daß er viele Gebräuche bei der Taufe einstellte, daß er nach und nach
die vielen Feiertage verminderte, daß er den Kirchengesang in deutscher
Sprache einführte, daß Klöster aufgehoben und in Schulen und
Hospitäler verwandelt wurden u. dergl.
32. Triedrich des Weisen Tod.
Friedrich des Weisen Lebensabend war nicht so heiter, wie
man ihn diesem ausgezeichneten Fürsten so gern gewünscht hätte. Ihn
peinigte eine schmerzvolle Krankheit, die ihm manche schwere Stunde
bereitete, die ihn aber auch reich machte an Geduld und Ergebung.
Zu Anfang des Jahres 1525 nahm die Krankheit auffallend zu und
des Patienten Kräfte schwanden zusehends. Nur zu gut erkannte der
Kurfürst die bedenkliche Beschaffenheit seines Zustandes, und mit der
Fassung eines gläubigen Christen sah er seinem letzten Stündlein
entgegen. Ergebungsvoll sagte er zu einem seiner Diener: „Wenn
mein lieber Gott will, gehe ich gern aus dieser Welt.“ Und in der
That wollte es sein lieber Gott auch also haben.
Ehe der Kurfürst sein Haupt zum Todesschlummer niederlegte,
bekannte er sich noch öffentlich zu der Lehre der evangelischen
Kirche. Bis jetzt hatte er Luther und das Werk der Reformation
wohl mächtig geschützt und die Einführung und Ausbreitung derselben
gefördert, aber er selbst war Katholik geblieben. Auf dem Sterbebette,
wo noch einmal die Siege der evangelischen Kirche in seinem Innern
vorüberzogen, bekannte er sich als ein Glied derselben. Der Kranke
verlangte nicht die letzte Oelung, sondern er genoß am Morgen seines
Todestages das heilige Abendmahl in beiderlei Gestalt.