Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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einen Berg führte und ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlich— 
keit zeigte und zu ihm sprach: „„Das Alles will ich dir geben, so 
du niederfällst und mich anbetest.““ Meint Ihr denn, daß mir zeit- 
lich Geld und Gut so lieb sei, daß ich darum von der erkannten 
Wahrheit sollte abweichen und sie verleugnen? Da sei Gott für, 
daß ich um einer Hand voll Land und Leute willen meinen Herrn 
Christum sollte verleugnen! Solche Unbeständigkeit sollet Ihr nicht 
bei mir finden. Ehe ich dieses thue und meinen Herrn Christum ver- 
leugne, will ich lieber mit meiner Gemahlin an einem Stäbchen 
betteln gehen. Im Uebrigen wird mir Sanct Peter nicht nehmen, 
was mir mein Gott gönnen will.“ 
Diese Antwort war klar und verständlich und hatte keine Hörner, 
noch Ecken. Eiligst reisten die Abgeordneten nach Dresden zurück und 
fanden bei ihrer Ankunft ihren Landesvater tödtlich erkrankt. Am 
17. April 1539, kurz nach Mitternacht, erschien der Kanzler mit 
einem neuen Testamente am Krankenlager des Herzogs. In dem- 
selben war bestimmt, daß nach Georgs Tode Kaiser Karl V. und 
sein Bruder Ferdinand von Böhmen das Herzogthum Sachsen so 
lange verwalten sollten, bis sich Herzog Heinrich erklärt habe, wie 
er es mit der Reformation halten wolle; allein der Patient kämpfte 
schon mit dem Tode und konnte auch dieses Testament nicht unter- 
zeichnen. 1 
Auf dem Sterbebette sagte sich Herzog Georg wenigstens noch 
von der Anrufung der Heiligen los und wandte sich unmittelbar mit 
seinem Gebete an seinen Herrn und Heiland. Als ihn nämlich sein 
Beichtvater ermahnte, er sollte seinen Schutzheiligen, den Apostel 
Jakobus, anrufen, trat der Leibarzt des Herzogs an das Bett, 
schlang die Arme um den Sterbenden und sagte: „Gnädiger Herr, 
Sie pflegten sonst oft zu sagen, geradezu giebt die besten Renner, 
dies thun Sie auch jetzt und gehen Sie gerade zu Christo, welcher 
für unsere Sünden gestorben und unser alleiniger Seligmacher und 
Fürbitter ist, und lassen Sie die verstorbenen Heiligen fahren.“ Da 
rief Georg mit brechender Stimme: „Ei, so hilf mir, Du treuer 
Heiland Jesu Christe, erbarme Dich mein und mache mich selig durch 
Dein bitteres Leiden und Sterben! Amen.“ Und als er das gesagt, 
verschied er. Denselben evangelischen Rath, den Georg im An- 
gesichte des Todes befolgte, hatte er zwei Jahre früher auch seinem 
sterbenden Sohne Johannes ertheilt. Er sagte nämlich zu ihm, er 
(Johannes) möge allein auf Christum, den Weltheiland, sehen, 
und aller seiner Werke, wie auch die Anrufung der Heiligen ver- 
gessen. Auf die Frage seiner Schwiegertochter, warum er das nicht 
öffentlich im Lande predigen lasse, antwortete er: „Liebe Frau. 
Tochter, man soll das nur Sterbenden zum Troste vorhalten, denn 
wenn die gemeinen Leute wissen sollten, daß man allein durch
	        
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