Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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Art waren, daß einige nicht unerwähnt bleiben können. Beim Aus- 
gehen konnte man ihn augenblicklich an seiner Begleitung erkennen. 
Diese bestand regelmäßig in einer großen Dogge und in einem kleinen 
Mohr. Odbgleich er keinen einzigen Menschen zu fürchten hatte und 
auch niemanden fürchtete, führte er doch immer einen Dolch bei sich 
und an seiner Linken hing fast immer ein großes, schweres Schwert, 
das er selbst dann nicht ablegte, als sein Körper im Alter kraftlos 
wurde. Außerordentliche Freude hatte er ferner, so friedliebend er 
auch war, an ungeheuer großen Kanonen, welche man ihm nicht um- 
fänglich genug drehen konnte. Kam ein derartiges Geschütz an, so gab 
er ihm den sonderbarsten Namen und ließ es mit allerhand Teufels- 
gestalten und dergleichen bemalen. Diesen seinen Lieblingen stattete 
er oft einen Besuch ab, besah sich dieselben von allen Seiten und be- 
merkte er irgendwo ein Stäubchen, so wischte er es selbst mit seinem 
Mantel sorgfältig ab. 
Ebenso war Heinrich ein leidenschaftlicher Liebhaber schöner 
großer Pferde. So einfach er in seinem Wolfspelze einherging, so 
bunt mußten dagegen seine Diener ihre Kleidung wählen, und je 
mannigfaltiger die grellen Farben ihrer Zeuge waren, desto lieber 
war ihm dies. Hoöchst eigenthümlich benahm er sich vor dem Antritt 
einer Reise. Niemals konnte er die festgesetzte Stunde der Abfahrt 
erwarten. Lange vorher, ehe die Pferde angespannt wurden, erschien 
der reisefertige Herzog und setzte sich in den Wagen. Was einst 
Jesu Jüngern widerfuhr, daß sie Brot mitzunehmen vergessen hatten, 
widerfuhr ihm nie. Er ordnete ein für allemal an, daß auf jeder 
Reise, und wenn sie von noch so kurzer Dauer war, die größten 
Vorräthe an Lebensmitteln mitgenommen werden sollten, wie er denn 
überhaupt die Gastfreundschaft ungemein liebte. 
Da Heinrichs Einnahmen nur gering sein konnten, so wollten 
diese nicht immer ausreichen; außerordentliche Freude erregte daher 
eine wichtige Entdeckung, die man 1519 bei dem jetzigen Marien- 
berg machte. Bis dahin war diese Stadt ein kleines unansehnliches 
Dorf, welches „Wüste Schletta“ hieß. Zu den reichen Silberschätzen, 
die man bei Freiberg, Schneeberg und Annaberg in den Tiefen der 
Erde fand, kam im genannten Jahre eine neue Entdeckung wich- 
tiger Silberadern. Herzog Heinrich, dem diese Gegend gehörte, 
faßte deshalb 1521 den Plan, hier eine Stadt anzulegen. Zunächst 
wurde ein großer viereckiger Marktplatz abgesteckt und von diesem 
aus zwölf Gassen, je drei nach einer Seite, angelegt. Die junge 
Stadt vergrößerte sich zusehends und gegenwärtig zählt sie über 
6000 Einwohner. 
Recht bald war der Name der neuen Stadt gefunden. In der 
Nähe gab es nämlich ein Annaberg, ein Jöhstadt — eigentlich 
Josephstadt — und in Böhmen ein Joachimsthal; nun fehlte noch
	        
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