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Nun galt es zu handeln und zwar schnell zu handeln. Da es
indes mitten im Winter war, so mußte der Kurfürst den Kaiser noch
einige Zeit über sein Vorhaben in Sorglosigkeit zu erhalten suchen.
Dies wurde allerdings mit jedem Tage schwerer. Von allen Seiten
tauchten Bedenken gegen das Verhalten des Kurfürsten auf. Auch
Herzog Alba witterte Gefahr und sprach seine Besorgniß wiederholt
gegen den Kaiser aus. Karl schien indes mit Blindheit geschlagen
zu sein, denn er sagte wiederholt, er könne dem, was man ihm von
Moritz hinterbracht habe, keinen Glauben schenken. Da begann der
März des Jahres 1552. Kurfürst Moritz hielt nun die Zeit für
sein Vorhaben geeignet und brach unerwartet mit seinen Verbündeten
gegen den Kaiser auf.
In einem Manifeste setzte Moritz der deutschen Nation aus-
einander, warum er gegen den Kaiser zöge. Er hätte mit seinen
Verbündeten nichts sehnlicher gewünscht, als einen allgemeinen Frieden
in dem Religionsstreite. Alle Zusagen des Kaisers seien aber immer
wieder aufgehoben worden; ja der Kaiser habe sogar Manche von der
evangelischen Religion aus dem Lande verjagt. Auch würde gegen
die ausdrückliche Zusage des Kaisers der Landgraf Philipp nun schon
fünf Jahre in „enger und elender“ Gefangenschaft gehalten. Als
dritter Beschwerdepunkt wurde nun der „elende Zustand“ der deutschen
Nation hervorgehoben, in welchen dieselbe durch fremdes Kriegsvolk
gerathen sei. Wolle man jetzt noch die Augen verschließen, so würden
die Nachkommen und Kindeskinder gen Himmel schreien und diejenigen
noch unter der Erde verfluchen, die ruhig zugesehen hätten. Diese
Worte entzündeten in den Epvangelischen eine höhere Begeisterung,
galt es doch den Glauben zu schützen, der sich in seiner Reinheit als
eine Kraft Gottes bewährt hatte, die da selig macht.
Ueberall waren rührige Hände thätig, und willig und reichlich
legte man Unterstützungen an Geld auf dem Altare einer heiligen
Angelegenheit nieder.
Umgeben von einem kampflustigen Heere und begeistert durch
die freudige Theilnahme des deutschen Volkes, drang der Held Moritz
unaufhaltsam in den Süden ein. Am 1. April stand sein Heer wie
aus der Erde gezaubert vor Augsburgs Mauern. Unter schallendem
Jubel hielt Moritz seinen Einzug in die alte Reichsstadt. Die ehr-
würdige Stadt hatte wegen ihrer Treue gegen die Augsburgische
Confession den Zorn des Kaisers in seiner ganzen Größe empfinden
müssen. Moritz gab der evangelischen Einwohnerschaft ihre Kirchen
wieder zurück und setzte die vertriebenen Geistlichen wieder in ihre
emter.
Von Frankreich her nach dem Rheine zu drang das französische
Heer vor, und um das Maß des Unglücks voll zu machen, brachen
die Türken wieder in Ungarn ein. Der mächtige Kaiser Karl sah
Geschichte Sachsens. 9