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ließ das Recept sogar an den Kirchthüren anschlagen. Sie begnügte
sich nicht blos damit, arme Leidende mit Hausarzneimitteln zu er—
quicken, sondern sie hielt sich auch nicht für zu vornehm, arme Kranke
in ihren Hütten aufzusuchen. Um die nöthigen Mittel sogleich bei
der Hand zu haben, pflegte sie nicht blos auf dem Ostravorwerke
allerlei Arzneigewächse, sondern sie begründete (im Jahre 1581) in
Dresden eine besondere Apotheke, die heute noch unter dem Namen
„Hofapotheke“, gegenwärtig auf der Schloßstraße, besteht.
Im Jahre 1585 trat die Pest wiederum sehr verheerend auf
und raffte allein in Dresden in 6 Monaten 1200 Menschen weg.
Unter diesen befand sich auch diejenige Wohlthäterin, welche Tausenden
armen Kranken im Leben ein Schutzengel gewesen war. Dieses Opfer
der Seuche war die edle Mutter Anna. Weder die Kunst der Aerzte,
noch die Fürbitte der christlichen Gemeinde waren im Stande, dieses
theuere Leben zu retten. Die Patientin schrieb selbst das Gebet auf,
das in den Kirchen und am Hofe für sie zu Gott gesendet werden
sollte. Es lautete: „Es wird begehrt, ein gemein christlich Gebet zu
thun für eine arme Sünderin, deren Sterbestündlein vorhanden.
Gott wolle ihr gnädig sein um Jesu Christi, seines lieben Sohnes,
willen. Amen!“ „SEndlich als die sinkenden Kräfte wenig Hoffnung
des Lebens übrig ließen, ermahnte sie die Ihrigen, die sie hatte zu-
sammen rufen lassen, zu allem, was der Kirche, dem Staate und der
Menschheit zum Segen gereicht, empfahl ihrem Gemahl die Fürsorge
für das heilige Evangelium und die Kinder, reichte den Ihrigen die
Rechte zum Lebewohl unter heißen Thränen, erbat sich ihre Ver-
zeihung wegen etwaiger Beleidigungen und umarmte und segnete sie.“
Am 1. Oktober 1585 entschlief die hochverdiente Mutter Anna,
von allen Sachsen auf das aufrichtigste beweint. Ihre letzte Ruhe-
stätte fand sie in dem herrlichen Dome zu Freiberg. Wenig Monate
später, den 11. Februar 1586, verschied auch ganz unerwartet Vater
August. Am genannten Tage wohnte er ganz munter und gesund
dem Morgengottesdienste in der Schloßkapelle zu Moritzburg bei.
Kurz darauf traf ihn ein Schlaganfall, er eilte nach Dresden zurück
und verschied noch desselben Tages, abends 6 Uhr. Seine Gebeine
ruhen ebenfalls im Dome zu Freiberg.
Sachsen verdankt diesem Fürstenpaar — August und Anna —
unendlich viel und die Nachwelt hält ihr Andenken heute noch in Ehren.
51. Christian I., 1586—1591. Pr. Trell und gewaltsame Einführung
des reformirten Glaubensbekenntnisses.
Obgleich Vater August 9 Söhne gehabt hatte, so hinterließ er
bei seinem Tode doch nur einen einzigen, welcher in der Geschichte
unter dem Namen Christian I. bekannt ist. Christian hatte von
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