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evangelischen Hofgottesdienst in Dresden besitzt man keine besondere
Kirche, sondern derselbe wird (seit 1737) in der Sophienkirche gehalten.
Mit dieser Kirche hat es folgende Bewandtniß. Ungefähr 1250
gründeten die Barfüßermönche (Franziskaner) in Dresden ein Kloster,
an welches bis zum heutigen Tage die Namen: „Große und kleine
Brüdergasse“ erinnern. Als Herzog Heinrich im Herzogthum Sachsen
die Reformation einführte (S. 109), löste sich dieses Kloster auf und
die Mönche wurden bis zu ihrem Tode vom Hofe erhalten. Ihre
Kirche — die jetzige Sophienkirche — blieb seit jener Zeit leer stehen;
später (1597) erhielt sie der Stadtrath, welcher sie zu einer Begräbniß-
kirche einrichtete. Einige Zeit später ließ sich die Kurfürstin Sophie
diese Kirche zurückgeben, zahlte dem Stadtrath die Auslagen für die
Einrichtung zurück und setzte (1610) ein Kapital von 3000 Gülden
aus, damit von dessen Zinsen jeden Montag Gottesdienst mit Predigt
gehalten und Sonntags vorher die Vesper gesungen werden solle.
Ein Jahr später wurde diese Sonntagsvesper von Christian II.
in einen förmlichen Gottesdienst mit Predigt verwandelt, welcher
Gottesdienst jetzt jedesmal mittags ½12 Uhr gehalten wird. Dank-
barkeit gegen Gott für Errettung aus großen Nöthen war die Ver-
anlassung zu dieser Einrichtung. Von den beiden Brüdern Christian
und Johann Georg galt das Wort des Psalms (62, 12): „Wir
sind in Feuer und Wasser gekommen, aber Du hast uns ausgeführt
und erquickt.“
Im Jahre 1602 wurde nämlich das kurfürstliche Schloß er-
neuert und verschönert. Den Hofgottesdienst, welcher damals (bis zum
Jahre 1737) in einer Kapelle im Schlosse gehalten wurde, verlegte
man einstweilen in die jetzige Sophienkirche. Am Johannistage (den
24. Juni) wollte der damalige Oberhofprediger in genannter Kirche
zum ersten Male predigen und die beiden fürstlichen Brüder, welche
sich auf dem Sonnenstein, der damals eine Festung war, auphhielten,
fuhren den Abend vorher in einer Gondel nach Dresden, um hier
dem ersten Gottesdienste mit beizuwohnen. Zur Unterhaltung der
hohen Personen wollte man auf der Gondel ein Feuerwerk abbrennen;
allein diese Veranstaltung nahm einen sehr traurigen Ausgang.
Unerwartet entzündete sich das Pulver. Prinz Georg wurde von
der Gewalt desselben über Bord in die Fluten geworfen und von
den Wellen mit fortgerissen. Unfehlbar wäre er verloren gewesen,
hätte nicht ein Schiffer, Jakob Zeibig aus Söbrigen oberhalb Pillnitz,
sein Leben für Rettung des Prinzen gewagt. Muthig sprang dieser
dem Verunglückten nach, und dieser Heldenthat verdankte der Prinz
seine Rettung. Medaillen, womit man jetzt die Brust der Lebensretter
ihrer Mitmenschen schmückt, gab es zwar damals noch nicht, aber
die Erinnerung an eine vollbrachte edle That erfüllte Zeibigs Brust
zeitlebens mit freudiger und dankbarer Erinnerung. Selbst das