Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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Munde herauslief und setzte die Qual, jetzt noch unter dem Namen 
„Schwedentrunk“ bekannt, so lange fort, bis die Unglücklichen ihren 
Geist aufgaben. 
Wie traurig es den Bewohnern mancher Städte in unserm 
Sachsenlande erging, mögen nur einzelne Beispiele zeigen; denn all 
das Elend zu schildern, welches über Hunderte von Ortschaften herein— 
brach, ist keine Feder zu thun im Stande. Zu den Städten, welche 
im Jahre 1637 in einen Schutthaufen verwandelt und deren Einwohner 
grausam hingeopfert oder zu Bettlern wurden, gehört vor allem 
Wurzen. Im Januar genannten Jahres zogen die Schweden unter 
Banner in die geängstigte Stadt ein. Zunächst verlangte der Feldherr 
von den Einwohnern die Summe von 12000 Thalern und versprach, 
sobald das Geld aufgebracht sei, Schonung der Stadt und Befreiung 
von Einquartierung. Mittels ungeheurer Opfer wurde das verlangte 
Geld aufgebracht, aber Banner dachte nicht ans Worthalten. Seine 
Truppen wurden einquartiert und diese drückten die armen Bewohner 
bis aufs Blut; aber die Noth sollte nach 9 Wochen einen Grad er- 
reichen, der sich kaum beschreiben läßt. 
Am 4. April rückte eine wilde Rotte von Reitern in die Stadt 
ein, welche schlimmer wüthete, als freigelassene Raubthiere. Sie 
ersannen alle Martern und Qualen, um Geld zu erpressen, oder die 
verborgenen Habseligkeiten zu erforschen. Sie schonten kein Alter und 
keinen Stand; selbst Kinder spießten sie an Piken oder nagelten sie 
an die Thore, um mit Pistolen danach zu schießen. „Es gab“, wie 
selbst der Scharfrichter bekannte, „keine Marter, die diese teuflischen 
Menschen nicht geübt hätten!“ Flehentlich baten die geängstigten 
Einwohner die Anführer, diesen furchtbaren Grausamkeiten doch Einhalt 
thun zu lassen, und da diese meinten, sie wüßten keinen andern Rath, 
als daß die Bewohner eiligst die Stadt verlassen möchten, so eilte 
alles der Mulde zu, um in Leipzig eine Zufluchtsstätte aufzusuchen. 
Siehe da, da stürzten die Schweden den Fliehenden wie wilde Bestien 
nach, hieben sie ohne Gnade und Barmherzigkeit nieder, banden andere 
an die Pferde und schleiften sie in die Stadt zurück Das Maß der 
Leiden war noch nicht gefüllt. Am 7. April, vormittags 10 Uhr, 
zündete der Feind die Stadt an und bald wogte ein furchtbares 
Feuermeer über diesem unglücklichen Orte. Was fliehen konnte, floh. 
Wer dem Flammentod entrinnen wollte, hauchte seinen Geist unter 
den Schwertern der Schweden aus. Die Reiterei hatte nämlich die 
Stadt umstellt und hieb nieder, was sie erreichen konnte, oder trieb die 
Unglücklichen in die Flammen zurück. Mit Ausnahme der Domkirche, 
der Schulhäuser und vier anderer Gebäude lag alles in Schutt und Asche. 
Wurzen war so gut wie vertilgt von der Erde. Diese Schreckens- 
woche ist heute noch unter dem Namen „Wurzener Marterwoche“ 
bekannt.
	        
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