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vergeblich suchte, und dies war der damalige französische Hof. Hier
herrschte in jener Zeit eine Verschwendung, ein Glanz, der ans Un—
glaubliche grenzte und der leider wie eine Pest um sich griff. Die
übrigen Höfe Europas wollten von dem französischen Königshofe nicht
zu sehr abstechen, sie zeigten nicht mehr, wie früher, nur bei beson—
deren Gelegenheiten außerordentlichen Glanz, sondern sie umgaben
sich und ihren Hof für immer mit demselben.
Auch unser Kurfürst, Johann Georg II., ließ sich von jenem
Glanze blenden, obgleich er eine einfache Erziehung genossen und
obgleich sein Vater ihm als Vorbild der Einfachheit vorgeleuchtet
hatte. Kehrte fürstlicher Besuch in Dresden ein, dann entwickelte der
Kurfürst eine Pracht, wie sie die Residenz vorher nicht gesehen hatte.
Glänzende Lustjagden und Thierhatzen, prachtvolle Büchsenschießen,
stattliche Ringrennen, theure Fastnachtsspiele u. dergl. wurden ver-
anstaltet. Als im Jahre 1678 seine Brüder in Dresden erwartet
wurden, zählte man in dem Zuge, der sie einholte, allein 50 sechs-
spännige Kutschen. Der Kurfürst hielt sich ferner 1000 Mann Fuß-
garde, eine Kompagnie Prachtgarde zu Pferde und eine Kompagnie
Kroaten, von denen ein Theil den Kurfürsten selbst dann umgab,
sobald er ausritt. Unter ihm erhielt das Militär auch die ersten
stehenden Musikchöre. Diese Prachtliebe verursachte leider so manche
unnütze Ausgabe, und es bleibt dies um so mehr zu beklagen, als sich
dieser Fürst sonst so manche Verdienste um das Land erwarb. Wie
schlicht und einfach erschien Vater August öffentlich; wie schlicht und
einfach zeigt sich unser König in der Mitte seines Volkes
Jener Glanz ging zunächst auf die höheren Stände über. Man
gab sich ordentlich Mühe, die einfachen deutschen Sitten und Gebräuche
zu verdrängen und an deren Stelle französische einzuführen. Und wie
erging es unserer schönen deutschen Sprache! Man verunstaltete sie
durch eine Menge eingeschobener französischer Wörter so, daß man in
der Unterhaltung ein Gemisch von Deutsch und Französisch zu Gehör
bekam. Merkwürdig bleibt es, daß auch eine andere, höchst sonder-
bare französische Sitte bei uns Eingang fand. Man steckte nämlich
im 17. Jahrhunderte seinen Kopf in eine gewaltige Perücke, die man
massenhaft mit Puder bestreute; eine Sitte, die sich — allerdings mit
Veränderungen — fast 200 Jahre lang erhielt.
Allmählich ging jener Luxus fast auf alle Stände in den Städten
über, so daß derselbe Kurfürst, an dessen Hofe französischer Glanz
herrschte, sich genöthigt sah, Verbote gegen Verschwendung zu erlassen.
In den Verboten wurde geklagt, daß die kostbaren Kleidungen und
die schnöde Pracht so gestiegen sei, daß es einer dem andern nicht
blos gleich, sondern sogar zuvorthun wolle, aus welcher Verschwendung
Verarmung hervorgehen müsse. Es wurde daher z. B. vorgeschrieben,
welche Stände seidene, welche halbseidene Kleider und welche gewöhn-