— 266 —
War Böttger die Erfindung der Goldmacherkunst nicht gelungen,
so war dessenungeachtet der Kurfürst durch die Erfindung des Por-
zellans vollkommen zufrieden gestellt.
Im Jahre 1713 kam ein anderer Mann nach Dresden, welcher
in einer besonderen Schrift alle bisherigen Goldmacher für Betrüger
erklärte, dagegen aber behauptete, allein im Besitz der Goldmacher-
kunst zu sein. Dieser Mann war der Baron v. Klettenberg. Durch
allerhand Kunstgriffe gelang ihm die Täuschung seiner Umgebung so
vollkommen, daß man ihm anfangs vollen Glauben schenkte. Auch
unser Kurfürst verlieh ihm Titel und Auszeichnungen aller Art und
bewilligte monatlich 4500 M., also jährlich 54 000 M., zu seinen
Arbeiten. Sehr bald erregte Klettenberg, ein höchst lockerer Mann,
gegründeten Verdacht, daß sein ganzes Thun und Treiben eitel Be-
trügerei sei. Der Kurfürst ernannte eine Kommission, die alles genau
untersuchen sollte, und sehr bald bestätigten sich die Vermuthungen.
Klettenberg wurde verhaftet, wobei er die bedenklichen Worte hinwarf,
der Kurfürst würde diesen Schritt bitter, aber zu spät bereuen. Man
kehrte sich indes nicht weiter hieran, sondern brachte ihn unter mili-
tärischer Bedeckung in das damalige Staatsgefängniß Hohnstein, wo
er zwei Jahre lang in einem finsteren Kerker schmachtete. Im Jahre
1719 wurde Klettenberg auf den Königstein übergeführt, wo ihn
der Kommandant v. Kyan zwar sehr freundlich aufnahm und ihm
zu Ehren sogar ein Gastmahl veranstaltete, aber freilich auch hinzu-
fügte, daß er ihn laut erhaltenen Befehls in strengem Gewahrsam
halten müsse.
Kaum hatte Klettenberg seine Klause bezogen, so war er auch
sofort auf seine Befreiung bedacht, welche ihm mit Benutzung eines
Federmessers, das er in den Schuhen bei sich zu tragen pflegte, möglich
wurde. Nach siebenwöchentlicher Anstrengung hatte er mit Hilfe jenes
kleinen Instrumentes den Fußboden seines Gefängnisses so weit durch-
gearbeitet, daß er bequem durchschlüpfen konnte. Das Seil zum
Hinablassen gewann er aus seinem zerschnittenen Mantel. Alles ver-
lief nach Wunsch und Klettenberg sah sich glücklich wieder auf freiem
Fuße. Diese Freude sollte nur von kurzer Dauer sein. In der Nähe
von Pfaffendorf, wo er sich umhertrieb, erregten seine rothseidenen
Strümpfe mit Silberzwickel die Aufmerksamkeit der Bauern, welche
ihn festnahmen und auf die Festung zurückbrachten. Obgleich sein
neues Zimmer mit Steinen gepflastert war, so gelang es ihm doch,
auch hier durchzubrechen. Dieser zweite Fluchtversuch nahm einen
noch unglücklicheren Ausgang, als der erste. Klettenberg glitt aus
und stürzte in einen 18 Meter tiefen Graben. Daß er nicht Hals
und Beine brach, verdankte er dem in der Grube lagernden Schnee.
In dieser hilflosen Lage bemerkte ihn eine Schildwache, die den
Flüchtling wieder in Haft brachte. ·