Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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Güter hat, und sieht die Brüder leiden und macht die Hungrigen 2c. 
(591) — nein, wohlzuthun und mitzutheilen war auch seines Herzens 
größte Freude. Er schickte nicht blos seiner alten Mutter und seinen 
Schwestern reiche Geldspenden, er legte auch allemal für die Armen 
seiner Geburtsstadt eine Gabe bei. Für die Kinder unbemittelter 
Eltern zahlte er das Schulgeld und kaufte ihnen die nöthigen Schul- 
bücher. Einmal schrieb er seiner Schwester, daß er sich für den 
bevorstehenden Winter kein neues Kleid anschaffen könne, und dennoch 
hatte er für dieselbe einen Dukaten und für die Armen Hainichens 
einen Thaler beigelegt. Ja er würde oft den bittersten Mangel 
gelitten haben, hätte nicht unser Gott, auf den er seine ganze 
Zuversicht setzte, dieses Vertrauen oft auf die wunderbarste Weise 
belohnt. 
So erhob einmal ein preußischer Offizier in Leipzig eine Erb- 
schaft und gleich darauf suchte er eine Gelegenheit auf, die ihn mit 
Gellert zusammenführte. Auf einmal begann der Offizier: „Ach, 
Herr Professor, ich bin Ihnen sehr viel schuldig, nehmen Sie doch 
diese Kleinigkeit von mir, bitte, machen Sie keine Umstände", und 
drückte ihm ein Papier in die Hand. Gellert fragte ganz verwundert: 
„Wie können Sie mir etwas schuldig sein, ich habe Ihnen nie den 
geringsten Dienst erwiesen, ich habe Sie in meinem Leben noch nie 
gesehen.“ „Ach“, fuhr der Offizier fort, „ich ruhe nicht, bis Sie 
das Päckchen nehmen. Durch Ihre Schriften haben Sie mein Herz 
gebessert und das ist mir mehr werth, als die ganze Welt.“ Gellert 
steckte endlich das Papier ein, und als er es zu Hause öffnete, lagen 
200 Gulden (400 M.) darin. Außer manchen anderen Geschenken 
erhielt Gellert auch alljährlich von einem Grafen von Brühl 
250 Gulden (500 M.) durch die Post zugeschickt, ohne daß sich dieser 
Wohlthäter zu erkennen gab. 
Dankbarkeit ist eine Tugend, die ihre Wohnstätte in jedem edlen 
Herzen aufschlägt, mag dies Gold und Seide, oder grobe Leinewand 
decken. Folgender Beweis der Dankbarkeit rührte unsern Gellert fast 
zu Thränen. An einem kalten Wintertage (1759) saß er an seinem 
Tische; auf einmal öffnete sich die Thür und ein Bauer trat in das 
Zimmer. Unter den freundlichsten Geberden und wiederholten kurzen 
Verbeugungen fragte der Landmann, ob er hier recht zu Herrn 
Gellert käme. Gellert bejahte die Frage. Da hob der Bauer an: 
„Sie haben mir, meiner Frau und meinen Kindern durch Ihre 
schönen Bücher schon so viel Freude gemacht, daß ich Ihnen auch 
wiederum eine Freude machen möchte. Unten vor der Hausthür steht 
ein Wagen voll Brennholz, nehmen Sie das, Herr Professor, nehmen 
Sie es!“ Innig erfreut über die Gutmüthigkeit dieses schlichten 
Mannes, nahm Gellert das Holz an, und der Bauer fuhr nun über- 
glücklich seines Weges nach Hause.
	        
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