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Schicksal unserer Stadt sein? fragte man einander besorgt. Am
18. Dezember hielt König Friedrich an der Spitze von 6 Regimentern
seinen Einzug in die Residenz. Sogleich besuchte er den Hof, wo er
nur die jüngeren Prinzen fand, weil der Kurfürst mit Brühl nach
Prag entflohen war. Der König zeigte sich gegen die kurfürstlichen
Kinder sehr freundlich, befahl, die Stadt zu schonen und ließ unter
die Armen 18 000 Brote vertheilen. Geplündert wurde zwar nicht,
aber die Bürgerschaft hatte alles in allem für den Feind 270 000 M.
aufzubringen.
Merkwürdig bleibt es, daß König Friedrich im zweiten schlesischen
Kriege, trotz seines Waffenglückes, immer einen Wunsch nach Frieden
hegte, gleichsam, als ob er seinem eigenen Glück nicht recht traue.
Ohne lange Unterhandlungen konnte auch schon der Doppel-Friede
zwischen Sachsen und Preußen, sowie zwischen Preußen und Oesterreich
am ersten Weihnachtsfeiertage 1745 in Dresden unterzeichnet
werden. Sachsen hatte, außer den geleisteten Contributionen — auf
Leipzig kamen allein 6 Millionen M. — 3 Millionen M. an
Preußen zu zahlen; der Kurfürst mußte die Aufrechthaltung der
evangelischen Religion in Sachsen aufs neue zusichern, und die Kur-
fürstin hatte als österreichische Prinzessin allen Erbansprüchen auf
Schlesien zu entsagen. König Friedrich dagegen versprach, die ge-
fangenen Sachsen ohne Lösegeld freizugeben. Von Oesterreich wurde
der Sieger in dem Besitze Schlesiens bestätigt.
Am 28. Dezember zogen die Preußen wieder aus Dresden ab.
Bald darauf (2. Januar 1746) lud das erhabene Geläut der Kirchen-
glocken Sachsens Bewohner zur Feier eines Dankfestes über den zu
Stande gekommenen Frieden ein. Zwar stiegen unter Pauken und
Trompeten und unter Kanonendonner Lobgesänge zum Himmel empor;
zwar konnte man in den Dankpredigten Gottes Huld und Gnade
von ganzem Herzen preisen; zwar hatte Sachsen im allgemeinen nicht
Ursache, sich über die Härte der Friedensbestimmungen zu beklagen —
allein es war doch alles anders gekommen, als Brühl beim Beginn
dieses Krieges gehofft hatte.
85. Der wrtte schlesische oder der siebenfährige Krieg, 1756—1763.
a) Schutzbündniß gegen Preußen. Landesverräther Menzel. Friedrich II.
Einfall in Sachsen mitten im Frieden. Die Erbrechung des geheimen Labinets
in Dresden. Schlacht bei Lowositz, den 1. Oktober 1756. Die Gefangen-
nehmung der sächsischen Truppen bei Ebenheit.
So empfindlich auch die Wunden waren, welche unserm Vater-
lande im zweiten schlesischen Kriege geschlagen wurden, so sind sie doch
durchaus nicht mit dem Elende zu vergleichen, das zehn Jahre später