Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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kochte man diese Gewächse zu Gemüse und verzehrte es mit Heißhunger 
als Delikatesse. Hier und da soll man sogar Wiesengras zerschnitten 
und gekocht haben. Im März 1772 brach in einem erzgebirgischen 
Dorfe eine Feuersbrunst aus, die so schnell um sich griff, daß das 
Vieh nicht gerettet werden konnte. Da schwankten halbverhungerte 
Gestalten daher und zogen mit Gefahr ihres Lebens das verbrannte 
Vieh aus den Flammen, um das Fleisch abzunagen. 
Sämmtliche Behörden des Landes beeiferten sich redlich, der 
furchtbaren Noth nach Kräften Abhilfe zu gewähren. In den Städten 
wurde Brot gebacken und unentgeltlich vertheilt oder gegen ganz 
geringe Entschädigung verkauft. Der Kurfürst öffnete seine Schatulle 
und ließ Tausende und aber Tausende von Thalern vertheilen. In 
der Zeit vom Mai bis September 1772 ließ er auf seine Kosten 
täglich Brot backen. Ferner wurde der Einfuhr von Getreide jede 
Erleichterung gewährt, und die Verwendung des Korns zu Branntwein 
aufs strengste verboten. — Wiederholt wurden von Haus zu Haus 
Kollekten gesammelt. — Was war dies alles aber unter so Vielel 
Durch den Genuß der unnatürlichen Lebensmittel brachen 
Seuchen aus, die im Jahre 1772 allein 75.000 bis 100000, nach 
manchen Angaben 150 000 Menschen dahinrafften. 
Aehrliche Noth wiederholte sich in den Theuerungsjahren 1804 
und 1805. Obgleich das Hektoliter Korn die außerordentliche Höhe 
von 40— 45 -7 erreichte, so wurde die Noth doch nicht so bitter 
wie früher. Daß die Menschen geradezu verhungerten, kam fast gar 
nicht mehr vor. Die Kartoffel, die eine weitere Verbreitung gefunden, 
war es, welche ihren wohlthätigen Einfluß ausübte. 
Ein anderes schweres Unglücksjahr stellte sich 1784 ein, das 
zunächst die Uferbewohner der größeren Flüsse berührte. Nach einem 
kalten und schneereichen Winter kündigte sich plötzlich Thauwetter an. 
Ströme und Flüsse schwollen mit rasender Schnelligkeit an. Den 
Uferbewohnern drohte die größte Gefahr, denn die Wasserfluten er- 
reichten in den Elbgegenden eine Höhe, wie sie seit 129 Jahren (1655) 
nicht dagewesen war. Am 1. März 1784 wuchs das Wasser bis 
auf 5 bis 6 Meter. „Die Elbe bot einen schauderhaften Anblick dar. 
Große entwurzelte Bäume, Holzstücken, Balken, Bettstellen, Schränke, 
Theile von Gebäuden, ja ganze Giebel, an 40 Kähne und Schiffe 
kamen im Wogengedränge, mit den Eisschollen im Kampfe, heran- 
geschwommen und zerschellten von der Gewalt des Wassers an den 
Brückenpfeilern.“ Da das Wachsen der Fluten mit unbegreiflicher 
Schnelligkeit erfolgte:), so war der angerichtete Schaden um so größer. 
) Am 28. Februar brach die Elbe auf und den 1. März (1784 war 
ein Schaltjahr) hatte das Wasser schon die Höhe von 5 bis 6 Meter erreicht. 
Eben so schnell fiel es wieder. Den 2. März ging es 2 und den 3. März 
1½ Meter zurück.
	        
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