Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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Ein Jahr später (1806) mußten unsere Landsleute wieder zu 
den Waffen greifen. Ein gewaltiger Feind drohte in die deutschen 
Marken einzudringen und das Herz Deutschlands zu zerfleischen. 
Es war dies der kühne französische Kaiser Napoleon. In Frankreich 
war nämlich nach dem Sturze des Königs die Regierung in die 
Hände von Männern übergegangen, welche fast alle die Tiger an 
Blutdurst übertrafen. Die Parteien bekämpften und vernichteten 
einander selbst. Der Hauptsache nach erreichte dieser furchtbare Zu- 
stand zwar im Jahre 1794 sein Ende, aber die innere Ruhe des 
unglücklichen französischen Reiches war nur scheinbar festgestellt. 
In dieser Zeit setzte ein blutjunger französischer General, Bona- 
parte mit Namen, die ganze Welt seiner schnellen und glänzenden 
Siege wegen in Erstaunen. Als er im Jahre 1799 nach Paris 
eilte, füllten sich die Landstraßen mit Zuschauern, Glocken ertönten in 
Städten und Dörfern, Fahnen wehten auf den Thürmen und Freuden- 
feuer loderten auf den Bergen. Ehe genanntes Jahr und mit ihm 
das 18. Jahrhundert zu Ende ging — man schrieb den Monat 
November 1799 — stürzte der junge Held die vielköpfige uneinige 
Regierung und er sah sich auf 10 Jahre, später zum lebenslänglichen 
Konsul von Frankreich ernannt. Fast zauberhaft war das Glück, das 
diesem außerordentlichen Mann auf dem Fuße folgte. Im Jahre 1804 
erstieg er die höchste Stufe menschlicher Macht und Ehre: er setzte 
sich unter dem Namen Napoleon die Kaiserkrone von Frankreich 
auf sein Haupt. 
Anfangs begnügte sich unser Kurfürst damit, Napoleon als 
Kaiser von Frankreich anzuerkennen, vermied aber jede weitere An- 
näherung an denselben, jedenfalls fürchtend, daß man sich in der 
Nähe eines so außerordentlich schimmernden Glanzes nicht recht wohl 
fühlen könne. Ein Krieg mußte die Brücke bilden, welcher die beiden 
Fürsten näher an einander führte und zwischen beiden sogar ein 
inniges Freundschaftsverhältniß entstehen ließ. 
b) Schlacht bei Tena, 1806.— Friedensschluß in Posen, den 11. Dezember 1806. 
Preußens König, Friedrich Wilhelm III., hatte alle Ursache, sich 
über Napoleons Verhalten gegen ihn und sein Land zu beklagen, 
was ihn veranlaßte, dem französischen Kaiser den Krieg zu erklären. 
Dies versetzte unsern Kurfürst in die größte Verlegenheit. Nur zu 
gut sah er ein, daß Sachsen seiner Lage wegen vom Kriege nicht 
unberührt bleiben könne. Zwar rief er seine Truppen zu den Waffen, 
aber eine weitere Erklärung gab er nicht ab. Er wollte so lange als 
irgend möglich neutral bleiben. 
Im September 1806 rückten die Preußen in Sachsen ein. Jetzt 
mußte sich der Kurfürst entscheiden. Fast 40 Jahre lang hatte zwischen 
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