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das Wohl seines Landes und aller seiner Unterthanen am Herzen lag
und der dasselbe jederzeit nach allen Beziehungen hin aufs redlichste
zu fördern suchte.
Behauptet wird zwar auch, daß Friedrich August gar zu bedächtig,
und daß die Liebe für das Bestehende und Alte bei ihm zu groß
gewesen sei. Wahr ist es, daß er jeder Neuerung, sobald er sie nicht
als einen Fortschritt erkannte, abhold war. Unerschütterlich hielt er
an dem Grundsatze fest: Hat sich das Bestehende als heilsam bewährt,
so wollen wir es nicht durch Neues verdrängen, sobald wir nicht fest
überzeugt sind, daß dieses den Vorzug verdient. Zugegeben, daß seine
Bedachtsamkeit zuweilen eine zu große gewesen sein mag, so darf man
nicht vergessen, daß er auch nicht dem Lande durch Ueberstürzungen
nutzlose Opfer zumuthete.
Man sagt ferner: Friedrich August habe sich seinen Unterthanen
persönlich nie genähert. Leugnen läßt sich nicht, daß er ein zurück-
gezogenes, abgeschlossenes Leben führte, und daß er mit den Einzelnen
nicht so verkehrte, wie wir dies von den Königen Anton, Friedrich
August II., Johann wissen und vom Könige Albert in so wohlthuender
Weise gewöhnt sind. Eins vergesse man hierbei nicht. Friedrich August
verlor seinen vortrefflichen Vater als 13jähriger Knabe. Zwar über-
nahm er in diesem Alter die Regierung noch nicht, aber man betrachtete
ihn doch schon als den Kurfürsten. Sehr natürlich, daß er — aller-
dings viel zu früh — ein gemessenes, ernstes Wesen annehmen mußte,
das ihm sehr leicht zur andern Natur werden konnte. Bedenkt man
ferner, daß seine Jugend in die unglückliche Zeit des siebenjährigen
Krieges fiel, welcher das Mark des Landes aussog, so ist es sehr
natürlich, daß sich seinem Charakter ein ungewöhnlicher Ernst auf-
prägte, der ihn zu einer gewissen Abgeschlossenheit führte. Verkehrte
er auch nicht persönlich mit dem Einzelnen seiner Unterthanen, so war
sein ganzes Bestreben doch darauf gerichtet, die Wohlfahrt aller,
selbst des Geringsten zu fördern.
Hat man endlich Friedrich August zum Vorwurf gemacht, daß
durch sein Festhalten an dem Kaiser Napoleon in dem Jahre 1813
Sachsens Theilung herbeigeführt ward, so ist oben ausführlich nach-
gewiesen worden, daß er der erste Fürst des Rheinbundes war, der
das Bündniß mit Frankreich lösen wollte. Zwangen ihn die Ver-
hältnisse später, dennoch mit Napoleon zu gehen, und nahm dieser
Schritt eine unglückliche Wendung, so wäre es die größte Ungerechtig-
keit, daraus für ihn einen Vorwurf ableiten zu wollen. Nimmt
der Ausgang unserer Handlungen einen anderen Erfolg, als ihn
menschliche Berechnung erwartet, dann müssen wir uns in Demuth
unter Gottes Führungen beugen und müssen mit dem Apostel
fragen: „Ja, lieber Mensch, wer bist du, daß du mit Gott rechten
willst?“