Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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Der Hauptinhalt der neuen Staatsverfassung zerfällt in 
acht Hauptabschnitte. (Einiges ist abgeändert worden. S. weiter unten.) 
Der erste Hauptabschnitt handelt von der Regierung des 
Königreichs im allgemeinen. In demselben ist Folgendes festgesetzt: 
Die Regierungsform ist monarchisch, und es besteht dabei eine landständische 
Verfassung. Der König, welcher das souveräne, d. i. unabhängige Oberhaupt 
des Staates ist, vereinigt in sich alle Rechte der Staatsgewalt und übt sie 
unter den durch die Verfassung festgesetzten Bestimmungen aus. Seine Person 
ist heilig und unverletzlich. Die Krone ist erblich im Mannesstamme des 
Fürstenhauses nach dem Erstgeburtsrechte. 
Der zweite Hauptabschnitt handelt von dem Staatsgute, 
sowie von dem Vermögen des königlichen Hauses und enthält 
folgende Hauptbestimmungen: Das Staatsgut, z. B. die Kammergüter 
(Domainen), Forsten, Bergwerke 2c., wird nur zu Staatszwecken benutzt 
und kann ohne Einwilligung der Stände weder vermindert, noch mit 
Schulden belastet werden. Das königliche Hausfideicommiß, d. h. das dem 
königlichen Hause zum Gebrauche überlassene Gut, z. B. Schlösser, Gold- 
und Silbergeräthe, Kunstsammlungen 2c., ist Eigenthum des königlichen 
Hauses, geht aber auf den jedesmaligen rechtmäßigen Regenten über. Hierin 
ist das Privatvermögen des Königs und der königlichen Familie nicht begriffen. 
Der König bezieht jährlich eine mit den Ständen auf seine Regierungszeit 
verabschiedete Summe aus den Staatskassen als Civilliste, welche weder ohne 
seine Zustimmung vermindert, noch ohne Zustimmung der Stände erhöht 
werden kann, und die niemals mit Schulden belastet werden darf. 
Der dritte Hauptabschnitt handelt von den Rechten und 
Pflichten der Unterthanen und hebt unter anderen hervor, daß jeder, 
der innerhalb der Grenzen des Staates wohnt, zu Beobachtung der Gesetze 
desselben verpflichtet ist, daß er aber auch den gesetzlichen Schutz in Anspruch 
nehmen kann. Jeder Unterthan ist ferner berechtigt, seinen Beruf und sein 
Gewerbe nach eigener Neigung zu wählen. Die Verpflichtung zur Ver- 
theidigung des Vaterlandes und die Verbindlichkeit zum Waffendienste ist 
allgemein. Jedem Landeseinwohner wird völlige Gewissensfreiheit und Schutz 
in der Gottesverehrung seines Glaubens gewährt. Die Verschiedenheit des 
Standes und der Geburt begründet keinen Unterschied in der Berufung zu 
irgend einer Stelle im Staatsdienste. Jeder hat das Recht, über gesetz- 
oder ordnungswidriges Verfahren einer Behörde oder Verzögerung der Ent- 
scheidung bei der zunächst vorgesetzten Behörde schriftliche Beschwerde zu 
fürren. Uebrigens bleibt auch jedem unbenommen, seine Wünsche und 
eschwerden bei dem Regenten unmittelbar anzubringen. Alle Unterthanen 
haben zu den Staatslasten beizutragen. 
Der vierte Hauptabschnitt handelt von der Verantwortlich- 
keit der Staatsdiener, namentlich der Minister, welche letztere 
den Landständen für ihre Regierungsthätigkeit verantwortlich sind. Ferner 
ist festgesetzt, daß, so lange der König katholisch ist, die oberste Leitung der 
Angelegenheiten der evangelischen Kirche jedesmal dem Culiusminister und 
noch zwei anderen Ministern zusteht. Diese (in evangelicis beauftragten 
Staatsminister) müssen der evangelischen Confession angehören. 
Der fünfte Hauptabschnitt, welcher von der Rechtspflege 
handelt, bestimmt, wie die Verwaltung der Gerichtsbarkeit gehandhabt 
werden soll. In demselben ist hervorgehoben, daß die Gerichtsbehörden ihrer 
Entscheidung die Gründe beizufügen haben, daß die Regierung keinen Ein-
	        
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