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in welchem bei ihnen die Achtung vor dem Gesetze begründet ist. Gott segne
unser Vaterland!' Möge dieser Geist der Gesetzlichkeit immer stärkere Wurzeln
in unserm Vaterlande schlagen, denn er bildet das sicherste Schutzdach gegen
die Stürme von außen, die stärkste Wache für die Freiheit und das Glück
im Innern.“
Ganz anders gestalteten sich die Verhältnisse im Jahre 1849.
In Frankfurt am Main hatten sich ungefähr 600 Männer versammelt,
um eine neue Verfassung für Deutschland ins Leben zu rufen. Als
der erste Entwurf zu Stande gekommen war, forderte Preußens König
die übrigen deutschen Regierungen auf, diesen Entwurf zu prüfen und
demselben ihre etwaigen Wünsche und Vorschläge beizufügen, damit
diese bei der zweiten Berathung des Entwurfes mit zur Prüfung
und Berücksichtigung gelangen könnten. Die zweite Berathung erfolgte
zwar, allein von irgend welcher Berücksichtigung der von den deutschen
Regierungen kundgegebenen Wünsche und Vorschläge war nicht die
Rede. Hierzu kam, daß, wenigstens einstweilen, ganz Oesterreich von
Deutschland ausgeschlossen werden sollte. Was unter solchen Ver—
hältnissen mit Gewißheit voraus zu sehen war, trat ein. Oesterreich,
Preußen, außerdem noch Bayern, das damalige Königreich Hannover
und Kurfürstenthum Hessen erkannten diese Verfassung nicht an. Als
verschiedene Deputationen unsern König wiederholt zur Anerkennung
dieser Verfassung angingen, sprach er seine Ansichten, wie immer,
offen und rückhaltslos aus: „Ich bin immer und mehr“, sagte er
unter anderem, „als jeder deutsche Fürst zu Opfern bereit gewesen
und bin hierzu noch bereit, werde aber nie den Boden des Rechts
verlassen und kann die Reichsverfassung nicht anerkennen, so lange
nicht die größeren Staaten Preußen, Bayern 2c. sie anerkennen. Auf
diese Weise würde nur ein zerstückeltes, uneiniges, kein großes, mächtiges
Deutschland hervorgerufen werden.“ Anstatt die Wahrheit dieser
Worte anzuerkennen, mißbrauchten einzelne Stimmführer die freien
Volksversammlungen nur dazu, die Menge zu erhitzen, den Samen
des Mißtrauens auszustreuen und die Bande der Liebe und des Ver-
trauens, welche Jahrhunderte lang das sächsische Volk und seine
Fürsten umschlungen hatten, zu lockern.
„Wir müssen alles aufbieten, um die Anerkennung der deutschen
Reichsverfassung durchzusetzen!“ riefen in höchster Erregung die
Sprecher in den Volksversammlungen. Die Menge stimmte bei, ohne
zu ahnen, daß sehr viele Stimmführer etwas ganz Anderes im Schilde
führten. Ihnen waren die Fürsten im Wege. Diese sollten entfernt
werden, und man wollte, dem Beispiele der unruhigen Franzosen
folgend, die republikanische Staatsverfassung einführen. Natürlich
sah sich dieser und jener schon im Geiste als Präsident an die Spitze
der Regierung gestellt. Der großen Menge verschwieg man den
eigentlichen Zweck der hervorgerufenen Bewegung, denn viele würden