Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

Kirchlein, gewöhnlich in den Vorstädten oder in einiger Entfernung 
von der Stadt unter dem Namen „Hospitalkirche“. Viele Hospital— 
kirchen sind entweder verfallen, oder man hat sie umgebaut und zu 
anderen Zwecken, z. B. zu Niederlagen, benutzt, während manche jener 
Spitäler zu allgemeinen Krankenhäusern oder zu Versorgungsanstalten 
für alte und alleinstehende Personen eingerichtet worden sind.) 
Sehr oft liest man jetzt in Zeitungen oder in Tageblättern, daß 
irgend jemand einem Vereine, einem Waisenhause, einem Rettungs- 
hause oder überhaupt einer wohlthätigen Anstalt Hunderte, oft 
Tausende von Mark vermacht hat. In jener Zeit waren es beson- 
ders die Klöster, welche man außerordentlich reich beschenkte. Man 
brachte nicht blos große Opfer zur Gründung neuer Klöster, sondern 
man vermachte ihnen ganze Strecken Landes, schenkte ihnen kostbare 
Gefäße, Gewänder und auch Geld. Der große Reichthum, welchen 
einzelne Klöster besessen haben oder noch besitzen, schreibt sich meisten- 
theils mit aus jener Zeit her. Da das Geld, namentlich auf dem 
Lande, im Ganzen noch sehr rar war, so legte man den Landleuten 
solche Abgaben an die Geistlichkeit und an die Edelleute auf, welche 
sie aus ihrer Wirthschaft entnehmen konnten, z. B. Eier, Hühner, 
Gänse, Wachs, Getreide u. dergl. Außerdem mußte der Bauer auf 
dem Gute des Edelmanns umsonst allerlei Arbeiten verrichten; er 
mußte ihm das Feld bebauen, das Getreide ernten und ausdreschen, 
die Wiesen hauen u. dergl., welche Arbeiten Frohndienst genannt 
wurden. Ueberhaupt stand damals der Bauernstand noch gar nicht 
in dem Ansehen, wie in jetziger Zeit. Der Edelmann war des 
Bauern Herr; von ihm hing er ab, nach seinen Vorschriften mußte 
er sich richten. Wie glücklich können sich jetzt die Landleute preisen! 
Bitter wird oft darüber geklagt, daß Brot, Fleisch, Bier und an- 
dere Lebensmittel mit jedem Jahre theurer werden. Vor 500 Jahren 
waren nun allerdings die Preise ganz anderer Art als jetzt; freilich 
dürfen wir nicht vergessen, daß das Geld damals einen weit, weit 
höheren Werth als jetzt hatte. Ein Arbeiter war damals tausend- 
froh, wenn er sich täglich drei Heller verdienen konnte. Mit diesem 
Gelde konnte er vielleicht ebenso viel anfangen, als jetzt mit einer 
Mark. Wollte er Eierkuchen essen, so bekam er für 1 Pfennig eine 
ganze Mandel Eier; hatte er Appetit nach Heringen, so erhielt er 
ebenfalls für 1 Pfennig 8 bis 10 Stück und legte er noch einen 
Pfennig zu, so bekam er ein ganzes Pfund Butter. Ging er mit 
35 bis 40 Pfennigen in der Tasche auf den Getreidehandel, so konnte er 
nach unserm Maße ein Hektoliter Korn kaufen; für ein Hektoliter 
Weizen mußte der Käufer aber bedeutend tiefer greifen, er hatte fast 
) Daß Vorstehendes der Zeit und dem Zwecke nach nicht von allen 
Spitälern gilt, bedarf kaum der Erwähnung.
	        
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