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Haus steht also offen für ieden konservativen Volksvertreter,
und doch wird nicht davon Gebrauch gemacht.“
Demnächst klingelte Bismarck und bemerkte zu dem erschie-
nenen Kanzleidiener: „Bringen Sie mir mal die letzte Ab-
stimmungsliste vom Herrenhause herauf!
Darauf ergriff er einen Bleistift und, Namen für Namen
anstreichend, hatte er für jeden, der gegen die Kirchengesetze
gestimmt hatte, eine bittere Bemerkung bei der Hand; so z. B.
bei Gottberg: „Der will gern Präsident werden und ist
wütend. daß seine Hoffnung nicht schon erfüllt ist“; bei Putt-
kamer: „Der Mensch hat sich nie aus der Kirche was gemacht
und ist nichts weiter als der allergewöhnlichste Junker, von
denen viele mir zeigen wollen, daß sie ganz meinesgleichen
sind; sie zeigen das aber nur durch Grobheit und Opposition;
sie ärgern sich, daß ich Fürst geworden bin, und doch ärgern sie
sich gleichzeitig, wenn ich sie einmal nicht zu Tisch einlade oder
ihnen einen Gegenbesuch oder eine briefliche Antwort schuldig
bleibe; ich kenne meine pommerschen Landsleute.“ Bei Rom-
berg: „Dieser Mensch stimmt gegen mich, den ich aus so vielen
Fährlichkeiten heraus gerettet habe!“ bei Kleist-Retzow: „Das
ist ein beschränkter Idealist, ich verkenne aber wenigstens seine
redliche Ueberzeugung nicht, und er ist aufs schmählichste vom
Hofe behandelt worden. Als ich ihm früher jahrelang eine
Position wieder vermitteln wollte, fand ich namentlich bei der
Königin Augusta den schroffsten Widerstand.“ Bei Eruner:
„Bei dem herrscht nur verletzter Ehrgeiz.“
Diest: „Eure Durchlaucht scheinen mir heute viel zu pessi-
mistisch angehaucht.“
Biomarck: „Ich sagen Ihnen, mit mir ist's aus; ich sehe
auch nicht ein, weshalb ich länger im Amte bleiben soll; es
ist ja jetzt gerade die beste Gelegenheit, ein vortreffliches
neues Ministerium an meine Stelle zu setzen, sie wollen ja alle
wieder ans Ruder, Manteuffel, Mühler, Lippe, Bodelschwingh
usw., es sind ja alle Ministerien vortrefflich mit ihnen wieder