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und daß jeder Verwaltungschef, der sich bewogen finde, dem
Könige in Angelegenheiten seines Ressorts unmittelbar Vor-
trag zu halten, verpflichtet sei, den Ministerpräsidenten davon
zeitig vorher in Kenntnis zu setzen, damit derselbe, wenn
er es für nötig findet, solchen Vorträgen beiwohnen kann.
Der Kaiser und König vermochte gegen dieses verfassungs-
mäßige und gesetzliche Verlangen ebensowenig etwas Sach-
liches zu entgegnen, als die Minister und deren streitbare
Räte. Gleichwohl erblicke ich gerade in diesem meinem Ver-
langen der Aufrechterhaltung meiner verfassungsmäßigen Stel-
lung und Rechte als Reichskanzler und preußischer Minister-
präsident — wodurch allerdings die Hintertreppenpolitik der
unverantwortlichen Ratgeber beseitigt worden wäre — den
Hauptgrund des Konfliktes, der zu meiner Entlassung führte.
Denn der Kaiser wollte sein eigener Reichskanzler und Minister-
präsident sein, den Beamten, welcher diese Titel trug, dagegen
nur als den durchsichtigen Schatten seiner eigenen Allerhöchsten
Persönlichkeit und Entschlüsse betrachten. Meine Nachfolger
konnten möglicherweise bei dieser Auffassung ihres Amtes be-
stehen, ich nicht.
Als Seine Mojestät daher mir durch einen Vertrauten
seinen Entschluß der Aufhebung der Kabinettsordre vom
8. September 1852 kund tun ließ und meine Zustimmung
zu dieser Aufhebung verlangte, weigerte ich mich dessen, indem
ich dem Ueberbringer der Aufforderung etwa erklärte: wenn
Seine Mojestät mir die Befugnisse des preußischen Minister--
präsidenten beschränken wolle, so müsse Seine Majestät selbst
den Ministerpräsidenten machen, dessen Befugnisse sie ja jetzt
schon tatsächlich ausübten. Darauf erwiderte der Kaiser
seinem Vertrauten: selbst die Stelle des Ministerpräsidenten
zu übernehmen, falle ihm gar nicht ein und forderte von mir
durch denselben Vertrauten, bei Mitteilung dieser Antwort,
eine Denkschrift über diese Frage.