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Herstellung der Priesterherrschaft. Die römische Kirche hat
doch das Gefühl, daß Leute, die nur polnisch sprechen, folg-
samer und gläubiger, auch in dem Unglaublichsten zu erhalten
sind als solche, deren Muttersprache eine Weltsprache wie
Deutsch oder Französisch ist. Eine solche Weltsprache birgt
naturgemäß größere Gefahr des Unglaubens, als die pol-
nische oder ähnliche Idiome von beschränkterem Sprachge-
biete. Deshalb sind der römischen Kurie in den vormals
polnischen Gebietsteilen polnisch sprechende Katholiken lieber
als deutsch sprechende, deshalb kultiviert und schützt man von
Rom aus das Polnische. Das Deutsche verleitet nach römischer,
ganz richtiger Auffassung viel mehr zur Lektüre und Forschung
als das Polnische. Bei Lektüre und Forschung ist das Ent-
stehen von Zweifeln und Ungläubigkeiten niemals ganz zu
vermeiden, und deshalb ist der Pole meist gläubiger, als
der Deutsche. Auf diesem Wege wird der Polonismus zum
kirchlichen Kampfinstrumente, was umgekehrt wieder dazu
führt, daß das Zentrum außer aus politischen auch aus kirch-
lichen Gründen polonisch ist.“
Gelegentlich einer Aeußerung über das Bernhardische
Memoirenwerk kam Bismarck auf die Hetze gegen die „Junker“
zu sprechen, die jetzt wieder schlimmer als je, von den fort-
schrittlichen und demokratischen Blättern betrieben werde. Der
Altreichskanzler wies nach, von welchen irrtümlichen Voraus-
setzungen und Annahmen die Zeitungen dabei ausgingen:
„Die reaktionären Elemente der Vergangenheit, gegen die sich
ihr Zorn richtet, sind gar keine Junker gewesen, sondern
Streber, Fraktionschefs und solche, die es werden wollten,
Beamte, hohe Militärs usw. Es ist eine Ungerechtigkeit, den
landwirtschaftlichen Junker dafür verantwortlich zu machen,
was in jener Periode geschehen ist. Ebenso wenig berechtigt
lind die jetzigen Anklagen gegen sie. Daß es bei den Kon-
servativen noch jetzt mehr Streber gibt, als bei den anderen
Fraktionen, ist zutreffend aber erklärlich, weil sie dem Hofe