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und jeden Beziehungen erstrebe. Mit dieser Erklärung war
für Bismarck das Bedürfnis der Sondierung erschöpft.
Im Uebrigen bezog sich die Unterhaltung auf die Frage
des bevorstehenden Kanzlerwechsels, wobei Windthorst Bis-
marck zum Verbleiben in seiner Stellung lebhaft zuredete, für
den Fall aber, daß der Wechsel dennmoch stattfände, dringend
empfahl, die Nachfolge einem Militär, also einem General,
zu übertragen, indem er dabei die Bedenken geltend machte,
die gegen eine zivilistische Leitung in der unruhigen Lage der
Parteiverhältnisse sprächen. Als Bismarck auf diesen Ge-
sichtspunkt einging, empfahl der Abgeordnete Windthorst bei
einer Besprechung der Personenfrage in erster Linie den Ge-
neral von Caprivi, der sich durch parteilose und sachliche Hal-
tung während seiner Vertretung der Marine im Reichstage auch
als Redner das Ansehen erworben habe, mit dem seine Per-
sönlichkeit umgeben sei.
Bismarck war durch die Unterredung zu der Ueberzeugung
gelangt, welche er in den wenigen Tagen, die er noch im Amte
blieb, nicht verhehlt hat, wenn er dasselbe auch Windthorst
gegenüber nicht expressis verbis ausdrückte: daß eine ge-
schäftliche Annäherung der Regierung an das Zentrum wegen
der zu weit gehenden Forderungen desselben in der damaligen
Lage nicht tunlich sei.*)
Berlin, 15. März 1890.
Letzte Unterredung mit Kaiser Wilhelm II. vor
seinem Rücktritt.“
*) Vergl. auch Bismarcks eigene Darstellung über die Unter-
redung in den „Hamburger Nachrichten“ vom 5. Dezember 1891.
Johannes Penzler a. a. O., Bd. II, S. 367. Den Verzicht auf die
Sperrgelder sagte Bismarck nicht zu. „Hamburger Nachrichten“
vom 28. Juli 1892.
“) Eine authentische Darstellung dieser jedenfalls recht be-
wegten Unterredung besitzen wir noch nicht. Jedoch fehlt es
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