Rückzug aus Böhmen. 129
bei Teinitz ob der Elbe 1). Der König stellte sich ihrem Vordringen
unverzüglich entgegen, aber offenbar war er strategisch überwunden.
Die Oesterreicher hatten den Fluß eben an der geeignetsten Stelle
überschritten, wo sie die preußische Hauptarmee von Collin, und dadurch
von Prag abschnitten. Allerdings hätte der König noch einen Ver-
such machen können, Prag zu gewinnen, aber er würde, selbst wenn
es ihm gelungen wäre, dahin vorzudringen, zwischen den sächsischen
Gebirgen und der feindlichen Armee, die indeß die Pässe von Schle-
sien und Glatz besetzt hatte, in eine Lage gerathen sein, die mit
seinem Untergange endigen mußte. Es blieb ihm also nichts übrig,
als Prag und die entfernteren Stellungen aufzugeben und sich selbst-
nach Schlesien zurückzuziehen. Seine vornehmste Sorge war nur, die
abgesonderten Truppenabtheilungen nicht zu Grunde gehen zu lassen.
Es gehörte ein Mann wie Nassau dazu, von so „ungewöhnlicher
Tapferkeit, Kriegserfahrenheit, Scharfsinnigkeit und Fertigkeit des
Geistes“, und was Friedrich sonst in einem eigenen Diplom von ihm
rühmt, um die Bataillone von Collin, die österreichische Armee in
ihrer nächsten Nähe umgehend, immer jedoch in solcher Haltung, daß
er nicht angegriffen werden konnte, sammt ein paar tausend Wagen
dem König zuzuführen. Dieser nahm, als der General bei ihm ein-
trat, den schwarzen Adlerorden von der Brust und hing ihm denselben
um. Der Rückzug ward hierauf in großer Ordnung vollzogen. Am
27. November verließ Friedrich mit seiner Nachhut Königingrätz; an
demselben Tage zogen die Oesterreicher daselbst ein und erneuerten
die Brücken, die jener zerstört hatte. In drei Colonnen, über Brau-
nau, Trautenau und Glatz, zog sich die preußische Armee, nur von
Nadasdys Husaren verfolgt und ohne nennenswerthen Verlust, nach
Schlesien zurück.
Nur Einer Abtheilung ging es minder glücklich, der von Graf
Einsiedel geführten Prager Garnison. Sie mußte ihr Geschütz zurück-
lassen), das dann im Triumph nach dem Wiener Zeughaus geführt
1) Prinz Ludwig von Braunschweig: Les 2 bataillons ont fait une
belle défense mais aussi ont ils 6t1 tres maltraités et bien ruinés, surtout
les 2 belles compagnies de grenadiers du roi. LU'’entreprise du passage
a é6½ tres bien concertéec aussi de notre cöté ct avec un secret admi-
rable, l’arméc a Dassé (T’une vitesso prodigicuse.
2) Kriegsrechtliches Erkenntniß in Sachen der Räumung von Prag Oegen
den Generalm. von Einsiedel (denn der Flhrer dieser Truppen ward vor ein
Kriegsgericht gestellt, aber von demselben grrgelprochen, 16. Febr. 1745, bei
Schöning Nachrichten zur Geschichte der Artillerie, 1, S. 441.
v. Ranke's Werke XXIX. 9