Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 29. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. (29)

158 Elstes Buch. Biertes Capitel. 
tem überlegenen Truppenzahl, die man zu haben glaubte, zu über- 
winden. Schon hatte man schwere Artillerie von Dresden nach Wit- 
tenberg geschafft; ein Theil der siegreichen Armee sollte durch die 
Lausitz nach der Mark vordringen; Uhlanen waren von Warschau 
gegen die neumärkischen Grenzen auf dem Wege. Den Bewegungen 
in Schlesien sollte dergestalt ein Anfall von verschiedenen Seiten her 
auf die Marken zur Seite gehen und das Schicksal von Preußen auf 
ewig entschieden werden. 
Ohne von allen diesen Entwürfen Kunde zu haben, wünschte 
Friedrich nur, seine Feinde zu einem Schlachttag kommen zu sehen. 
Wenn er seine Lage überlegte, die Gefahr der mannichfaltigen Feind- 
seligkeiten, die sich über ihn zu entladen drohten, so urtheilte er, daß 
nichts ihn retten könne, als eine Schlacht. Er wußte wohl, daß man 
Unvorsichtigkeiten von ihm erwartete, um so mehr dachte er darauf, 
solche zu vermeiden. Er sagte, er wolle seinen Plan einem Conde 
und einem Turenne vorlegen, und sei gewiß, daß sie ihn billigen 
würden 2). 
Am 25. Mai nahmen Oesterreicher und Sachsen eine entschiedene 
Richtung nach dem Gebirgsübergang von Landshut, welches Winter- 
feldt, nachdem er es vertheidigt, geräumt hatte; am 29. hatten Prinz 
Carl und der Herzog von Weißenfels daselbst ihr vereiniges Quartier; 
noch immer trafen Verstärkungen bei ihnen ein; hie und da drangen 
ihre leichten Truppen schon hinüber. 
Der König, der sich so lange ruhig gehalten, bis er die Rich- 
tung der großen feindlichen Armee mit Sicherheit erkannte, verließ 
am 27. seine Cantonnirungen und schlug ein Lager bei Frankenstein 
auf; am 30. bezog er ein anderes, näher bei Reichenbach; am 1. Juni 
setzte er sich nach Schweidnitz hin in Bewegung: sein Lager nahm er 
in der Gegend von Jauernik, wo man das ganze Gebirge vor sich 
hat, über das der Feind herbeizuziehen im Begriff war. 
. Friedrich kümmerte sich in diesem Augenblick wenig um das 
Schicksal von Oberschlesien; er mußte erleben, daß eine der Festungen, 
auf deren Bau er so viel Werth legte, Cosel, noch ehe sie vollendet 
war, in feindliche Hände fiel, doch machte ihn dies nicht unruhig; er 
faßte ausschließend die vornehmste Macht der Verbündeten in das 
1) 22. Mai: Les ennemis font des mouvements mais ce west encore 
rien #'assez pour due Pon puisse pénétrer leurs desseins. En attendant 
le fondre repose en mains. — — So tben war die Nachricht von der Schlacht 
von Fontenai, am 11. Mai, eingetroffen. Ahl puissions nous trouver un jour 
comme le onze de Mai! —
	        
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