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Examinator frei steht, sein indioidunelles
Uttheil mit dessen Gruͤnden besonders zu
Protokoll zu geben, um dasselbe bei dem
nächstfolgenden Reserate über die Prüfung
im General-Konsistoriom nochmals besonders
erldutern zu können.
G. VIII.
Ertheilung der Befähigungs-No-
te für die zur Anstellung ge-
prüften Kandidaten.
In der ndchsten Sizung des General-
Konsistoriums nach gebaltener Prüfung
wird über die Tüchtigkeit der Eraminirten
zum Pfarramte Vortrag erstattet, und nach
geschebener Abstimmung ein Sektions-Be-
schluß gesaßt, mit welcher Note jeder Era-
minirte in der Kandidaten tiste zu bezeich-
nen sey. Beli dieser Entscheidung sind fol-
geude Grundsäze zu beobachten:
a) Die Note vorzüglich erbälr ein
Kandidat, wenn er nicht nur gute Zeugnisse
wegen seines Fleisses und Wohblverhaltens
beigebracht, und bei der Probepredige Kate-
Disation und Prüfung, Wahrbeitssinn, tehr-
weisheic, und Religioßtat an den Tag ge-
lege bar, sondern auch in allen Kennenissen,
welche von ihm gefordert werden, se wie in
den zur Führung des Pfarramtes erfoder-
lichen Fähigkeiten und Fertigkeiten, den
Beifall der Examinatoren verdient hat, da-
zu gebört also:
1. daß er sich im Teutschen richtig, zusam
menhängend, faßlich und wücdig aus-
druͤcken koͤnne;
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2. daß er die lateinische Sprache richtig und
rein schreibe und spreche;
3. daß er das neue Testament aus dem
Grundeerxte ohne Anstoß uͤberseze, und
erkldre, auch mit dem Inbalte und Gei-
ste desselben, besonders mit den dogma=
tischen und moralischen Hauptstellen, be-
kannt, und zu deren populärer und prak-
tischen Anwendung geschickt seyp; "
4 daß er den bebrischen Tert des alten
Testaments richtig üäberseze und erkläre,
auch mit dem Geiste und Zwecke der he-
brdischen Religions: Urkunden, und den
richtigen Grundsäzen ihres Gebrauches im
Cbristentbume bekannt sey. Bei diesen
eregetischen Gegenständen können indessen
richtige Auflösungen besonderer pbilologi-
scher und bermenentischer Schwierigkei-
ten zwar ein Grund des tobes für einen
Kandidaten, aber die mangelnde Kenniniß
der bisber versuchten tösungen derselben
keine Ursache des Tade#ls seyn;
§. daß er das System der christlichen Glau-
bens und Sittenlehre mir gründlicher
Kenmtiß gefaßt babe; die dafür zu füb-
renden Vernunft und Schrift: Beweise
gebörig entwickeln, und die vornehmsten
Einwürfe dagegen beben könne; auch mit
den Bekenntniß" Büchern der protestamti-
schen Kirche, nach ihrer Entstehung, ib-
rem Inhalte und Anseben, und mit den
mit anderen christlichen Reltgionsparteien
gefübrten Sereitigkeiten bekanne sey;
6. daß er die Geschichte der christlichen
Kirche und ihrer Hauptdogmen keune,
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